Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 22-21

Landgericht Coburg 33 S 49/20 vom 28.05.2021
(Vorinstanz: Amtsgericht Coburg 12 C 2825/19 vom 22.07.2020)

1. Das verwendete Formular der "Abtretung erfüllungshalber" stellt nach seinem Inhalt keinen Verstoß gegen das Transparenzgebot nach § 307 BGB dar, diesbezüglich wird das Urteil der Erstinstanz korrigiert.
2. Da keine Regelung zur Rückabtretung enthalten ist, ist auch keine unklare oder missverständliche Regelung zum Schicksal der Schadenersatzforderung für den Fall vorhanden, dass der Honoraranspruch gegenüber dem Auftraggeber geltend gemacht würde.
3. Eine Pflicht zur Regelung in der Abtretungsvereinbarung ergibt sich nicht aus dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und auch nicht aus einem anderen Rechtsgrund.
4. Die Kammer gibt ihre bisherige Auffassung auf, dass nach aktueller BGH-Rechtsprechung (BGH VI ZR 274/17 und BGH ZR 135/19) Klauseln als unwirksam anzusehen seien, wenn sie keine Regelungen zur Rückabtretung der Schadenersatzforderungen enthalten für den Fall der Inanspruchnahme aus dem Dienstleistungsauftrag.

Zusammenfassung: Das Landgericht Coburg gibt seine bisherige Rechtsprechung zu § 307 BGB und der Frage auf, ob für den Fall der Inanspruchnahme des Kunden aus dem Gutachten- oder Mietwagenauftrag im Abtretungsformular die Regelung enthalten sein muss, wann und wie der Geschädigte seinen abgetretenem Schadenersatzanspruch zurück erhält. Da sich diese Frage eindeutig aus dem Gesetz ergibt, muss sie in der Abtretung nicht geregelt werden.

Bedeutung für die Praxis: Viele Versicherer streiten um die Aktivlegitimation der Kläger aus abgetretenem Recht. Die Formulierungen der Abtretungen werden unter anderem mit dem Argument eines Verstoßes gegen 307 BGB angegriffen. Konkret wird behauptet, dass eine Abtretung erfüllungshalber ungültig sei, wenn darin nicht geregelt sei, was (und wann) passiere, wenn der Geschädigte die geschuldete Vergütung für die Leistung einer Autovermietung oder eines Sachverständigen teilweise oder vollständig selbst bezahlt. Die Gerichte hantieren bundesweit noch immer mit der Frage, ob eine Abtretung dann wegen Verstoßes gegen 307 BGB unwirksam sei, wenn eine solche Regelung zur Rückabtretung fehlt. Den üblichen Abtretungsvereinbarungen liegt die Annahme zugrunde, dass der Geschädigte grundsätzlich weiterhin als Schuldner zur Begleichung der beauftragten Leistung zur Verfügung steht. Nur soll der Auftragnehmer eben die Schadenersatzforderung des Geschädigten beim Schädiger durchsetzen, damit sich a) der Geschädigte nicht darum kümmern muss und b) der Geschädigte eine Leistung auch dann am Markt erhält, wenn er sich das aus eigenen finanziellen Mittel eigentlich nicht leisten kann. Zahlt der Versicherer nicht, könnte demgemäß der Auftragnehmer auch auf den Geschädigten zugehen und eine Bezahlung des Mietzinses oder der Sachverständigenkosten verlangen. Täte er dies, hätte der Geschädigte die an den Auftragnehmer abgetretenen Forderungen selbstverständlich von diesem zurück zu erhalten. Wie und wann, das - so auch das Landgericht Coburg bisher - müsse bereits im Abtretungsformular transparent geregelt sein. Diese Auffassung wurde nun mit diesem Urteil korrigiert. Es sind also nach neuer Auffassung des Berufungsgerichtes auch Forderungsabtretungen wirksam vereinbart, wenn in den Abtretungsformularen diese Frage nicht geregelt wurde.

Zitiervorschlag: "Kein Transparenzverstoß 307 BGB wenn keine Regelung zur Rückabtretung"

"Die Abtretung vom 29.05.2020 / 05.06.2020, vorgelegt als Anlage K 11, ist wirksam. Sie ist nicht wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam. (...) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners auch daraus ergeben, dass eine Bestimmung nicht klar und verständlich ist. (...) Diesen Anforderungen genügt die Abtretung in Anlage K 11. Im Unterschied zu der vom BGH in der zitierten Entscheidung zu beurteilenden Abtretung findet sich in der vorliegenden Abtretung keine unklare oder missverständliche Regelung zum Schicksal der Schadensersatzforderung für den Fall der Geltendmachung des Honoraranspruchs gegenüber dem Auftraggeber. (...) Es fehlt mithin bereits an einer Bestimmung, die unklar oder unverständlich sein könnte. Die Klägerin war allerdings weder nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen noch aus einem anderen Rechtsgrund gehalten, formularmäßig auf die sich bereits unmittelbar aus dem Gesetz oder aus der Rechtsnatur eines Vertrages folgenden Rechte des Vertragspartners hinzuweisen, diese ausdrücklich zu regeln oder den Vertragspartner darüber zu belehren; das Transparenzgebot will lediglich verhindern, dass Rechte und Pflichten durch unklar oder schwer verständlich gefasste Klauseln verschleiert oder für den Vertragspartner schwer durchschaubar werden, vgl. BGH, Urteil vom 14.5.1996, Az. XI ZR 257/94, NJW 1996, 2092. Das Transparenzgebot will den Verwender nicht zwingen, jede AGB-Regelung gleichsam mit einem umfassenden Kommentar zu versehen, vgl. BGH, Urteil vom 10.7.1990, Az. XI ZR 275/89, NJW 1990, 2383. (...) Der BGH hat bereits in dem o.g. Urteil vom 17.07.2018, Az. VI ZR 274/17, darauf hingewiesen, dass der Geschädigte im Falle einer Sicherungsabtretung der Schadensersatzforderung an den Sachverständigen auch ohne ausdrückliche Regelung zur Zahlung der Honorarforderung nur Zug um Zug gegen Rückübertragung der Forderung verpflichtet ist. Nichts anderes kann allerdings bei einer Abtretung erfüllungshalber gelten (wie hier), da auch dann selbstverständlich der Sachverständige das ihm zustehende Honorar nur einmal vereinnahmen kann und dieser bei Erfüllung durch den Auftraggeber nach den Grundsätzen von Treu und Glauben zur Zug-um-Zug-Rückabtretung der erfüllungshalber abgetretenen Schadensersatzforderung verpflichtet ist. Gelingt nämlich dem Gläubiger die Verwertung des erfüllungshalber geleisteten Gegenstands nicht, so kann er auf die ursprüngliche Forderung zurückgreifen; er muss dem Schuldner dann aber die Leistung erfüllungshalber zurückgewähren. Kommt der Gläubiger der Rückgewährpflicht nicht nach, hat der Schuldner ein Zurückbehaltungsrecht; er muss die ursprüngliche Forderung erst erfüllen, wenn er die Leistung erfüllungshalber zurückerhält, vgl. BeckOGK/Looschelders, 1.12.2020, BGB § 364 Rn. 48. Dadurch, dass die vertragsimmanente Verpflichtung der Klägerin, den abgetretenen Anspruch bei Inanspruchnahme des Auftraggebers Zug um Zug zurück zu gewähren, nicht ausdrücklich geregelt wird, wird die geltende Rechtslage weder verschleiert noch für den Geschädigten schwer durchschaubar.
Es besteht auch nicht die Gefahr des Auseinanderfallens von Honorar- und Schadensersatzanspruch, da allein der konkrete Betrag von 646,15 € für Sachverständigenhonorar - noch - im Raum steht.
Auch in der Entscheidung vom 18.02.2020, Az. VI ZR 135/19, NJW 2020, 1888, hat der Bundes¬gerichtshof maßgeblich darauf abgestellt, dass aus der gewählten Formulierung der Abtretung nicht hinreichend deutlich hervorgehe, unter welchen Umständen und zu welchem Zeitpunkt der Geschädigte den erfüllungshalber abgetretenen Anspruch zurückerhält und welche Rechte er in diesem Zusammenhang hat. Die Klausel wurde daher als intransparent angesehen. Eine solche unklare Regelung ist hier aber gar nicht enthalten.
Soweit die Kammer in früheren Entscheidungen, z.B. Urteil vom 21.12.2018, Az. 33 S 120/16, Abtretungen als unwirksam angesehen hat, weil eine Regelung zur Inanspruchnahme des Ge-schädigten aus dem vertraglichen Honoraranspruch und dem Schicksal der abgetretenen Schadensersatzforderung nicht getroffen wurde, hält sie an dieser Rechtsprechung nicht mehr fest."
(Landgericht Coburg 33 S 49/20 vom 28.05.2021)