Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 21-21

Amtsgericht Hannover 520 C 4444/20 vom 12.05.2021

1. Die klagende Autovermietung ist aktivlegitimiert, da die Formulierungen des Abtretungsformulars nicht gegen eine Norm verstoßen.
2. Zur Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten zieht das Gericht mit Verweis auf das OLG Celle den Mittelwert der Listen von Schwacke und Fraunhofer heran.
3. Ein Abzug für ersparte Eigenkosten von grundsätzlich 5 Prozent entfällt bei klassenkleinerer Anmietung.
4. Kosten für erforderliche Nebenleistungen sind schadenrechtlich vom Haftpflichtversicherer zu erstatten.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht in Hannover sieht aufgrund des Abtretungsformulars keine unangemessene Benachteiligung, keinen Transparenzverstoß und keinen Verstoß gegen das Gebot von Treu und Glauben. Damit ist der klagende Vermieter aktivlegitimiert. Sodann werden die Frackewerte zur Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten angewendet und zusätzlich Nebenkosten zugesprochen.

Bedeutung für die Praxis: Das Gericht bestätigt mit ausführlicher Begründung die Verwendbarkeit der aktuellen "Abtretung erfüllungshalber", die der BAV entwickelt hat und seinen Mitgliedern zur Verwendung empfiehlt. Dabei werden die drei denkbaren Angriffspunkte der Haftpflichtversicherung diskutiert und deren Argumente mit ausführlicher Begründung verworfen.

Zitiervorschlag: "Formulierungen der Abtretung kein Verstoß gegen Transparenzgebot und das Gebot von Treu und Glauben und keine unangemessene Benachteiligung"

"Nach § 307 Abs. 1 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners daraus ergeben, dass eine Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Der Verwender der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist nach dem Gebot von Treu und Glauben verpflichtet, die Rechte und Pflichten seiner Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Hierbei muss er die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschreiben, dass einerseits für ihn keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen und andererseits der Vertragspartner ohne fremde Hilfe möglichst klar und einfach seine Rechte und Pflichten feststellen kann, um die rechtliche Tragweite der Vertragsbedingungen bei Vertragsschluss hinreichend erfassen zu können, um nicht von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten zu werden. Hierdurch soll der Vertragspartner insbesondere davor geschützt werden, infolge falscher Vorstellungen über die angebotene Leistung zu einem unangemessenen Vertragsabschluss verleitet zu werden. Deshalb muss die Klausel nicht nur in ihrer Formulierung verständlich sein, sondern auch die mit ihr verbundenen wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen möglichst verdeutlichen. Dabei kann sich eine Intransparenz nicht nur aus einzelnen Klauseln und ihrer inhaltlichen Unklarheit ergeben, sondern auch aus der Gesamtregelung. Für die Bewertung der Transparenz einer Vertragsklausel ist auf die Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders im Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 18.02.2020 - VI ZR 135/19; BGH, Urteil vom 01.10.2019 -VI ZR 156/18; BGH, Urteil vom 25.02.2016-VII ZR 156/13).

Diesen Anforderungen genügt die streitgegenständliche Abtretungserklärung. So wird hinrei­chend deutlich, welche Rechte der Geschädigten gegenüber der Klägerin bei einer eventuellen Inanspruchnahme zustehen. Ein hinreichender Schutz der Geschädigten vor einer Bereicherung der Klägerin und einem Verlust ihrer Ansprüche ist gegeben. Insoweit wird ausdrücklich geregelt, dass im Umfang der durch die Geschädigte geleisteten Zahlungen die Klägerin Scha­densersatzansprüche an die Geschädigte zurück überträgt.

Die Klausel verstößt auch nicht gegen das Gebot von Treu und Glauben. Die Klägerin muss bezüglich der entsprechenden Klausel die Rechte und Pflichten ihrer Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darstellen, so dass sie ein durchschnittlicher Vertragspartner erkennen kann. Die Regelung ist in sprachlicher und inhaltlicher Hinsicht verständlich. Insbesondere liegt keine Informationsflut und eine Überregulierung vor, bei der ein Verbraucher nicht mehr erkennen kann, worauf er sich einlässt und womit er in welcher Situation rechnen muss. Die Klausel enthält ferner die Regelung, dass die Klägerin die Geschädigte trotz der Abtretung ihrer Ansprüche weiterhin aus dem Mietvertrag auf Zahlung des vereinbarten Mietzinses in Anspruch nehmen kann. Allerdings nur unter der Einschränkung, dass eine endgültige Klärung mit der Versicherung erfolgt.

Im Gegensatz zu der Klausel, welche Gegenstand des Urteils des Bundesgerichtshofes vom 18.02.2020 - VI ZR 135/19 war, verstößt die verwendete Klausel auch inhaltlich nicht gegen das Transparenzgebot. Die Klausel im oben genannten Urteil ist beanstandet worden, weil für einen durchschnittlichen Verbraucher nicht erkennbar war, unter welchen Voraussetzungen er den erfüllungshalber abgetretenen Anspruch zurückerhält und welche Rechte ihm in diesem Zusammenhang zustehen.

In der streitgegenständlichen Klausel ist geregelt, wann die Geschädigte etwaige abgetretene Ansprüche zurückerhält. Das Argument, dass für die Geschädigte nicht erkennbar ist, wann eine etwaige endgültige Klärung mit der Versicherung eingetreten ist, greift vorliegend nicht. Mit dem einschränkenden Satz, dass die Geschädigte nicht von ihren Verpflichtungen befreit werde, wenn die Versicherung nicht oder nicht vollständig in voller Höhe leistet, ist auch einem durchschnittlichen Vertragspartner erkennbar, was unter dem Aspekt der „endgültigen Klärung" gemeint ist. Erst wenn das Mietwagenunternehmen die Ansprüche nicht vollständig realisieren kann, muss die Geschädigte selbst die sich ergebende Differenz ausgleichen. Dies ist auch für einen durchschnittlichen Verbraucher erkennbar, der die Leistungen des Mietwagenunternehmens in Anspruch genommen und grundsätzlich auch zu vergüten hat. Im Falle einer durch die Geschädigte veranlassten Zahlung an die Klägerin erhält die Geschädigte ihre Schadensersatzansprüche zurück.
(Amtsgericht Hannover 520 C 4444/20 vom 12.05.2021)