Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 2-21

Landgericht Schweinfurt 32 S 29/20 vom 23.11.2020
(Vorinstanz Amtsgericht Schweinfurt 3 C 973/18 vom 24.03.2020)

1. Die Beklagte wird zur vollständigen Erstattung der Schadenersatzforderung bzgl. Mietwagenkosten verurteilt, ohne dass eine Prüfung der Marktüblichkeit vorgenommen und ohne dass anhand von Listen geschätzt wird.
2. Die Kläger konnten beweisen, dass dem Geschädigten kein günstigeres vergleichbares Ersatzfahrzeug-Angebot zur Verfügung gestanden hat.
3. Eine Preiserkundigung des Geschädigten unter Zuhilfenahme der Streithelferin/Autovermietung ist nicht zu beanstanden. Ein zielgerichtetes manipulatives Agieren der Streithelferin ist nicht feststellbar.
4. Der Preisvergleich hat ergeben, dass andere Anbieter dem Geschädigten zu den konkreten Bedingungen (ohne Kreditkarte, unmittelbarer Mobilitäts-Bedarf) kein Angebot unterbreiten konnten.
5. Kosten einer erweiterten Reduzierung der Haftung für Beschädigungen am Ersatzfahrzeug sind erstattungsfähig und anders als es die Beklagte meint, erforderlich und nicht unwirtschaftlich.

Zusammenfassung: Das Berufungsgericht spricht dem Geschädigten die restlichen Mietwagenkosten vollständig zu, ohne die Schätzgrundlagen wie Schwacke oder Fraunhofer zur Prüfung der Erforderlichkeit der Kosten anzuwenden. Denn der Geschädigte hatte sich mithilfe der Autovermietung zum Zeitpunkt des Mobilitätsbedarfs konkret bei zwei Anbietern erkundigt, ohne ein vergleichbares Angebot zu erhalten.

Bedeutung für die Praxis: Eine Erkundigung des Geschädigten bei anderen Anbietern ergab, dass diese keine vergleichbare Leistung bieten konnten. Das Gericht beanstandete es dabei nicht, dass der Autovermieter die Erkundigungen mithilfe des Autovermieters durchführte. Gemeinsam wurden zwei Konkurrenzunternehmen daraufhin befragt, ob und zu welchem Preis sie im Augenblick ein vergleichbares Fahrzeug zu den bestehenden Anmietmöglichkeiten stellen könnten. Es stellte sich heraus, dass ein Mobilitätsersatz ohne Vorfinanzierung und zum Anmietzeitpunkt durch diese beiden Anbieter nicht gewährleistet werden konnte. Damit ließ sich der Beweis führen, dass dem Geschädigten ein Fahrzeug zu vergleichbaren Bedingungen nicht zugänglich gewesen ist. Somit war der Schadenersatzanspruch in Höhe der Abrechnung des Autovermieters zuzusprechen. Der Versuch des Versicherers ist dabei gescheitert, den Vermieter in der Weise zu diskeditieren, das Gericht davon zu überzeugen, er sei hier gezielt so vorgegangen, dass keine anderen Angebote gefunden werden.

Zitiervorschlag: "Rechnungsbetrag nach erfolgter und ergebnisloser Preiserkundigung zu erstatten"

"Gemessen an diesen Anforderungen ist die Kammer nach Anhörung des Zeugen XXX davon überzeugt , dass der Kläger mit der Anmietung des Fahrzeugs, wie es ihm von der Streit­helferin unter dem 30.01.2018 in Rechnung gestellt worden ist (Anlage K5), nicht gegen das Wirt­schaftlichkeitsgebot verstoßen hat. Denn es sind zwei Konkurrenzangebote eingeholt worden. Nach diesen Angeboten stand dem Kläger für den Anmietzeitraum kein anderes Fahrzeug zur Verfügung. (...)
Bei beiden Firmen sei indes weder eine unmittelbare Anmietung noch eine solche ohne Vorlage einer Kreditkarte zur Vorleistung möglich gewesen. Bei der Streithelferin hingegen sei eine Anmietung ohne Vorkasse möglich gewesen. 

(Landgericht Schweinfurt 32 S 29/20 vom 23.11.2020)