Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 48-20

Landgericht Zwickau 6 S 25/20 vom 30.10.2020
(Vorinstanz Amtsgericht Zwickau 22 C 263/19 vom 04.12.2019)

1. Zur Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten nach einem Unfall ist die Schwacke-Liste Automietpreisspiegel verwendbar.
2. Für die Anwendbarkeit der Schwacke-Werte spricht die nicht-anonyme Befragungsmethose, da hierdurch die Ergebnisse verlässlich und nachprüfbar werden.
3. Eine Verwendbarkeit der Fraunhofer-Liste ist nicht gegeben. Gegen die Anwendbarkeit der Fraunhofer-Werte spricht, dass Fraunhofer von der Versicherungswirtschaft beauftragt wurde und sich auf besondere Internetangebote stützt.
4. Im Fall einer Not- und Eilsituation hat der Geschädigte Anspruch auf die entstandenen Kosten, das unabhängig von der Frage der Erforderlichkeit.
5. Kosten vereinbarter und erforderlicher Nebenleistungen für Zustellung und Abholung sowie eine Ausrüstung mit wintertauglicher Bereifung sind zusätzlich erstattungsfähig.

Zusammenfassung: Das Berufungsgericht in Zwickau hebt eine erstinstanzliche Fraunhofer-Entscheidung des Amtsgerichtes auf und schätzt die erforderlichen Mietwagenkosten nach Schwacke. Insbesondere wird dem Amtsgericht der Irrtum bescheinigt, dass Schwächen der Methode von Fraunhofer hinnehmbar seien, wenn es sich nicht um eine Eil- und Notsituation der Anmietung eines Ersatzfahrzeuges handele. Das Landgericht schließt sich ganz generell den Anwendern der Schwacke-Liste an und verweist auf grundsätzliche methodische Probleme der Fraunhofer-Liste.

Bedeutung für die Praxis: Das Landgericht Zwickau geht sehr genau auf die Kritikpunkte an den Listen ein. Ein vermeintlicher Schwacke-Nachteil wird dabei revidiert. Denn wenn die bei Schwacke verwendeten Preise nicht anonym zusammengetragen wurden, bedeutet dies für das Gericht, dass diese dadurch nachprüfbar und verlässlich werden. Das ist in Bezug auf eine Zusammenstellung von tausenden Werten zu einer Statistik ein gewichtiger Punkt. Zumal der Fraunhofer-Liste schon von Beginn an vorgeworfen wird, dass ihre Werte nicht nachvollziehbar seien und auch nicht überprüfbar. Zudem wird die - wenig transparente - Fraunhofer-Methodik durch die gemeinsame Vorarbeit mit der Versicherungswirtschaft seit Jahren angezweifelt. Das sieht auch das Gericht so und sieht die Liste der neutralen Schwacke-Organisation klar im Vorteil und lässt daher nur diese als Schätzgrundlage nach § 287 ZPO gelten.