Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 32-19

Amtsgericht Betzdorf 37 C 328/18 vom 09.07.2019

1. Die Schwacke-Liste Automietpreisspiegel ist eine taugliche Schätzgrundlage nach § 287 ZPO zur Ermittlung erforderlicher Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall.
2. Der beklagtenseits zur Regulierung herangezogene Fraunhofer-Mietwagenspiegel wird nicht angewendet.
3. Das Risiko von Reparaturverzögerungen mit der Folge einer längeren Mietdauer trägt der Schädiger.
4. Vom Grundmietpreis ist ein Abzug für ersparte Eigenkosten am Geschädigtenfahrzeug in Höhe von 10 % vorzunehmen.
5. Ein Aufschlag von 20 % wegen unfallbedingter Zusatzleistungen erscheint bei einer Ersatzanmietung binnen einer Woche nach dem Unfall gerechtfertig.
6. Zusätzliche Kosten für Nebenleistungen bzgl. Haftungsreduzierung sowie für Zustellen und Abholen sind erstattungsfähig.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Betzdorf schätzt erforderliche Mietwagenkosten anhand der Schwacke-Liste, die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung geeignet sei. Der Beklagtenvortrag enthalte keine konkreten Hinweise darauf, dass Schwacke hier nicht anwendbar sei. Insbesondere ist eine Hinweis auf Fraunhofer kein konkreter Sachvortrag. Auf den Grundpreis ist ein unfallbedingter Aufschlag zuzusprechen und Nebenkosten sind ebenso erstattungsfähig.

Bedeutung für die Praxis: Im Bezirk des Landgerichtes Koblenz ist Schwacke die etablierte Liste, auch wenn das OLG Koblenz das im Einzelfall anders sehen mag. Das Gericht verweist auch auf eine Entscheidung des OLG Koblenz, in der lediglich mit den Werten der Fraunhofer-Liste geschätzt wurde, da nach Ansicht des OLG hier der Beklagtenvortrag die Schwacke-Liste erschütterte. In dem OLG-Verfahren habe die Beklagte günstigere und vergleichbare Alternativen vorgelegt. Und genau das ist in dem Verfahren am Amtsgericht Betzdorf nicht geschehen. Hier lagen keine Alternativangebote vor, und wenn waren sie nicht vergleichbar mit der Leistung, die der Geschädigte erhalten hat und die erforderlich gewesen ist. Damit ist hier die Schwacke-Liste anwendbar, so das Gericht. Das zeigt, dass selbst bei negativer obergerichtlicher Rechtsprechung genauer hingesehen werden muss und es sich lohnt, tiefer in die Materie einzusteigen und anhand der Besonderheiten des Falles genauer zu prüfen. Zudem spricht das Amtsgericht einen unfallbedingten Aufschlag in Höhe von 20 % zu, den es auch ausführlich mit bestimmten unfallbedingt erbrachten und auch aus Sicht des Geschädigten erforderlichen Leistungen des Vermieters begründet.