Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 27-18

Landgericht Köln 11 S 482/17 vom 17.04.2018
(Vorinstanz Amtsgericht Köln 273 C 139/17) 

1. Das Berufungsgericht weist auf dem Beschlussweg (§ 522 ZPO) die Auffassung der Beklagten zurück, die Klägerin könne aus abgetretenem Recht keinen Schadenersatz mehr verlangen, da die Ursprungsforderung des Vermieters gegen den Mieter im Verlauf des Rechtsstreits verjährt sei.
2. Die Verjährung des Mietzinsanspruchs wird aufgrund der "Abtretung erfüllungshalber" gehemmt, weil sie - wie konkludent vereinbart - gestundet wird und bei Weiterbestehen der bisherigen Forderung eine zusätzliche Befriedigungsmöglichkeit besteht.
3. Die Stundung endet und der Verjährungszeitraum beginnt erst dann, wenn der außergerichtliche oder gerichtliche Versuch der anderweitigen Befriedigung beim Gegnerversicherer misslingt.
4. Eine Abtretung erfüllungshalber besteht (im Gegensatz zu "sicherungshalber"), wenn sich der Gläubiger aus den abgetretenen Ansprüchen nicht nur befriedigen durfte, sondern auch sollte.

Zusammenfassung: Das Landgericht Köln befasst sich in zwei Beschlüssen mit dem Versuch des Versicherers, über eine konstruierte Verjährung der Mietzinsforderung der Klage aus abgetretenem Recht entgegen zu treten. Da die Abtretung der Schadenersatzforderung erfüllungshalber und nicht sicherungshalber erfolgte, geht das Gericht jedoch von einer Stundung der Forderung und einer Hemmung der Verjährung aus. Im Ergebnis ist der Verjährungszeitraum nicht abgelaufen und die Klage aus abgetretenem Recht erfolgreich.

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Landgericht Köln 11 S 482/17 vom 17.04.2018
(Vorinstanz Amtsgericht Köln 273 C 139/17)


Beschluss


In dem Rechtsstreit

XXX GmbH ./. XXX Versicherung AG

gibt die mit der Stellungnahme der Beklagten vom 10.04.2018 übermittelte, bislang unveröffentlichte Entscheidung des OLG Stuttgart vom 22.01.2018 - 7 U 122/12 - Anlass für den folgenden ergänzenden Hinweis, weil sie der Kammer bei Abfassung ihres Hinweisbeschlusses vom 26.02.2018 noch nicht vorgelegen hat:

Die vorgelegte Entscheidung des OLG Stuttgart bestätigt die Auffassung der Kammer. Denn auch nach Auffassung dieses Gerichts besteht jedenfalls bei der Abtretung als Leistung erfüllungshalber ein die Verjährung hemmendes Leistungsverweigerungsrecht des Schuldners. Im hier zu entscheidenden Fall ist aber von einer solchen Abtretung auszugehen, denn aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut der jeweiligen Abtretungserklärungen folgt, dass die Leistung nicht lediglich sicherungshalber, sondern erfüllungshalber erfolgen sollte; dies aus folgenden Gründen:

Eine Abtretung erfüllungshalber ist nach Auffassung des Bundesgerichtshofes dann anzunehmen, wenn sich der Gläubiger aus den abgetretenen Ansprüchen nicht nur befriedigen durfte, sondern es auch sollte (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - IX ZR 127/11 -, Rn. 11, juris). So liegen die Dinge hier. Schließlich hat die Gläubigerin der abgetretenen Ansprüche diese hier auch gerichtlich geltend gemacht. In der Abtretungserklärung heißt es hierzu jeweils:

„Soweit der Versicherer bzw. die versicherten Personen nicht oder nicht voll zahlen, verpflichte ich mich, den offenstehenden Teil der Mietwagenkosten dem Vermieter unmittelbar zu bezahlen.“

Hieraus folgt, dass die Klägerin sich zunächst allein aus den abgetretenen Ansprüchen befriedigen sollte und es nicht nur - nach ihrer Wahl - durfte.

Mitnichten ist im Übrigen der tatsächlich erfolglose Versuch einer anderweitigen Befriedigung Voraussetzung der Abtretung erfüllungshalber. Dies ist dem Kammerbeschluss vom 26.02.2018 auch so nicht zu entnehmen. Vielmehr endet hierdurch nach herrschender Meinung die mit der Abtretung erfüllungshalber einhergehende Stundung der Forderung und damit auch die Hemmung der Verjährung. Dass die Klägerin - wie von der Beklagten hier ausgeführt - also bislang gar nicht versucht hat, ihre eigenen Kunden in Anspruch zu nehmen, spricht vielmehr für den Umstand der Abtretung ihrer Ansprüche erfüllungshalber.

Dass die Klägerin nach Behauptung der Beklagten von Anfang nicht vorhatte, ihre Kunden in Anspruch zu nehmen, steht im Widerspruch zum zitierten Wortlaut der Abtretungserklärung. Im Übrigen versucht die Klägerin gerade mittels des hiesigen Verfahrens sich zunächst anderweitig zu befriedigen.

Die Voraussetzungen des § 522 ZPO sind entgegen der Auffassung der Beklagten erfüllt. Nach der Begründung des Rechtsauschusses im Gesetzgebungsverfahren zu § 522 ZPO muss die Aussichtslosigkeit „nicht auf der Hand liegen“, sondern darf vielmehr das Ergebnis einer „gründlichen Prüfung“ sein (Nachweis bei Zöller/Heßler, ZPO, § 522 Rz. 36). Entscheidend für die Annahme der Offensichtlichkeit der fehlenden Erfolgsaussicht ist vielmehr, dass die Kammer zweifelsfrei der Ansicht ist, dass ihr Erkenntnisprozess abgeschlossen ist, weil eine mündliche Verhandlung nicht zu einem höheren Erkenntnisgrad führen kann (Zöller/Heßler, ZPO, § 522 Rz. 36). Die Dauer der hierfür erforderlichen Nachprüfung ist dabei ebenso wenig entscheidend wie der Umstand, dass diese Nachprüfung - im Übrigen wie stets - von einer rechtlichen Recherche begleitet wird. Auch vor dem Hintergrund der Stellungnahme der Beklagten vom 10.04.2018 hat die Kammer aus den oben dargelegten Gründen keinen Anlass für die Annahme, dass eine mündliche Verhandlung hier zu einem höheren Erkenntnisgrad führt.

Dem Berufungskläger wird Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses zu den Hinweisen Stellung zu nehmen bzw. mitzuteilen, ob die Berufung ggf. aus Kostengründen zurückgenommen werden soll.

Köln, 17.04.2018

11. Zivilkammer
 
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Landgericht Köln 11 S 482/17 vom 26.02.2018
(Vorinstanz Amtsgericht Köln 273 C 139/17)


Beschluss


In dem Rechtsstreit

XXX GmbH ./. XXX Versicherung AG

weist die Kammer darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen, weil sie einstimmig davon überzeugt ist, dass die Berufung aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, eine Entscheidung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich ist und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO).

Die Ausführungen der Berufung - die sich ausschließlich auf die Verjährung des Anspruches des Geschädigten gegen das hier klagende Mietwagenunternehmen stützt - führen zu keinem anderen Ergebnis:

Die Kammer erachtet das insoweit neue Vorbringen der Beklagten zwar nicht als verspätet gemäß § 531 ZPO, da die Behauptung der Beklagten darauf gerichtet ist, dass der Anspruch des Geschädigten erst mit Ablauf des Jahres 2017, mithin nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils verjährt sei.

Es kann hier auch entgegen der Auffassung der Berufung dahinstehen, ob der Geschädigte im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht überhaupt gehalten ist, sich gegenüber Ansprüchen Dritter (hier der Klägerin) auf die Einrede der Verjährung zu berufen. Denn die Verjährung der Ansprüche der Klägerin gegen den Geschädigten aus dem Mietvertrag vom 13.11.2014 ist gemäß § 205 BGB gehemmt. Die Klägerin hat sich zur Sicherung ihres Mietzinsanspruches die Ansprüche des Geschädigten gegen die Beklagte mit Vertrag vom 17.10.2014 sicherungshalber abtreten lassen. Es handelt sich bei der hier sicherungshalber erfolgten Abtretung um eine Leistung erfüllungshalber, das heißt, der Gläubiger - hier die Klägerin - erhält bei Weiterbestehen der bisherigen Forderung eine zusätzliche Befriedigungsmöglichkeit. Nach herrschender Meinung führt die Leistung erfüllungshalber dazu, dass die ursprüngliche Forderung gestundet ist, wobei die Stundung entweder mit der Befriedigung des Gläubigers aus dieser Forderung oder dadurch endet, dass der Versuch der anderweitigen Befriedigung misslingt (Palandt/Grüneberg, BGB, § 364 Rz. 8). Teilweise wird zwar auch vertreten, dass insoweit die Auslegung der Sicherungsvereinbarung ergibt, dass vorübergehend die Klag- und Vollstreckbarkeit des Anspruches ausgeschlossen werden soll (sog. pactum de non petendo, vgl. auch Palandt aaO). Auch in diesem Fall erlischt die Forderung erst und soweit der Gläubiger die geschuldete Leistung aus der erfüllungshalber übernommenen Forderung erlangt (Palandt, aaO). Es kann hier aber dahinstehen, ob von einer Stundung oder einem pactum de non petendo auszugehen ist, denn beides bringt mit sich, dass für die Dauer ihrer Vereinbarung jedenfalls eine Hemmung der Verjährung gemäß § 205 BGB eintritt (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, § 205 Rz. 2), weil das eine wie das andere hier ein Leistungsverweigerungsrecht des Geschädigten gegenüber der Klägerin begründet.

Dem Berufungskläger wird Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses zu den Hinweisen Stellung zu nehmen bzw. mitzuteilen, ob die Berufung ggf. aus Kostengründen zurückgenommen werden soll.

Köln, 17.02.2018

11. Zivilkammer

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Bedeutung für die Praxis: Nicht nur Vermieter, auch Sachverständige haben derzeit in vielen Fällen eine Diskussion der Verjährung der Ursprungsforderung bei Gericht zu führen. Manche Gerichte lassen sich dabei verunsichern. Das Landgericht Köln erkennt, dass eine Abtretung erfüllungshalber eine Stundung der Mietzinsforderung beinhaltet und damit die Verjährung hemmt. Dabei bezieht es sich auf ein Urteil des VIII. Senates des BGH. In der MRW 1 und 2/2018 ist die rechtliche Thematik ausführlich behandelt.