Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 11-18

Landgericht Frankfurt am Main 2-16 S 173/17 vom 14.02.2018

1. Das Berufungsgericht hebt die erstinstanzliche Klageabweisung auf und spricht restliche Mietwagenforderungen vollständig zu.
2. Zur Schätzung der erforderlichen Kosten wird die SchwackeListe herangezogen, denn Schwacke ist regionaler und ermöglicht es, den Endpreis zu bestimmen.
3. Fraunhofer ist nicht vorzugswürdig, internetlastig und spiegelt nicht das korrekte Marktgeschehen wider.
4. Die Bildung eines Mittelwertes aus den Listen ist abzulehnen, da die Ergebnisse unterschiedlicher Methoden in unzulässiger Weise vermischt würden.
5. Vorgelegte Internetangebote erschüttern die Anwendung der SchwackeListe nicht. Sie sind in Bezug auf Anmietzeit und Leistungsumfang nicht vergleichbar und damit als unsubstantiierter Sachvortrag anzusehen.
6. Nebenkosten sind als Teil der Schadenersatzforderung zu erstatten.
7. Der Abzug für Eigenersparnis ist mit 5 Prozent zu bemessen.

Zusammenfassung: Das Landgericht Frankfurt bleibt trotz zunächst gegenteiliger Befürchtungen bei der Schwacke-Rechtsprechung, die auch der maßgeblichen Rechtsprechung des OLG Frankfurt entspricht. Fraunhofer und der Mittelwert aus Schwacke und Fraunhofer werden dagegen abgelehnt. Kosten für Nebenleistungen für Haftungsreduzierung und Winterreifen sind zu erstatten und der Eigenersparnis-Abzug wird mit 5 % bemessen.

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Landgericht Frankfurt am Main 2-16 S 173/17 vom 14.02.2018
(Vorinstanz Amtsgericht Frankfurt am Main 30 C 1382/17 (71) vom 07.09.2017)


Im Namen des Volkes

Urteil


In dem Rechtsstreit

XXX

gegen

XXX

hat die 16. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main durch den Richter am Landgericht XXX als Einzelrichter aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24.01.2018

für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 07.09.2017, Az. 30 C 1382/17 (71), abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von € 925,51 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.04.2017 zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.


Gründe:

I.

Am 31.01.2017 ereignete sich ein Verkehrsunfall, bei dem das Fahrzeug des Herrn XXX (Geschädigter), wohnhaft XXX, beschädigt wurde. Bei dem beschädigten Fahrzeug handelt es sich um einen Audi A 3, der der Fahrzeuggruppe 06 zuzurechnen ist. Die Beklagte ist als Haftpflichtversicherung für den durch den Unfall entstandenen Schaden dem Grunde nach zum Ersatz verpflichtet.

Am 01.02.2017 mietete der Geschädigte bei der Klägerin für die Dauer von 17 Tagen ein Ersatzfahrzeug mit Vollkaskoversicherung an. Der Geschädigte trat die Schadensersatzansprüche aus dem Unfallereignis an die Klägerin ab. Die Klägerin stellte dem Geschädigten Mietwagenkosten in Höhe von € 2.881,43 brutto in Rechnung (Anlage F 1, BI. 6. d. A.).

Hierauf zahlte die Beklagte am 05.04.2017 einen Betrag in Höhe von € 1.239,74.

Mit ihrer Klage vor dem Amtsgericht hat die Klägerin die Zahlung restlicher Mietwagenkosten in Höhe von € 925,51 verlangt.

Die Eigenersparnis berechnete die Klägerin unter Bezugnahme auf die Schwacke-Liste 2013 mit € 5,92 pro Tag (insgesamt € 100,64).

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Schwacke-Liste sei als geeignetes Mittel zur Ermittlung der erforderlichen Mietwagenkosten heranzuziehen. Nach der Schwacke-Liste seien auch die Nebenkostenpositionen, wie insbesondere Vollkaskoversicherung und Winterreifen, zu erstatten.

Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf zwei Internetangebote vom 14.07.2017 (Anlage BLD 1, Bl. 37f d. A.) behauptet, der Geschädigte hätte bei der Europcar Autovermietung in Gummersbach ein gleichwertiges Fahrzeug der Marke VW vom Typ Passat Variant zu einem Gesamtpreis von € 625,11 bzw. ein Mercedes T Modell zum Gesamtpreis von 1.235,65 € anmieten können. Den Vollkaskoschutz des verunfallten Fahrzeugs hat sie mit Nichtwissen bestritten.

Darüber hinaus hat sie die Auffassung vertreten, taugliche Schätzgrundlage für Mietwagenkosten sei allein die Markterhebung des Fraunhofer-Instituts.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Mietwagenkosten seien auf Grundlage der Fraunhofer-Mietpreisstudie zu schätzen. Wegen der weiteren Begründung wird auf das angefochtene Urteil verwiesen (BI. 50 ff. d. A.).

Die Klägerin hat gegen das ihr am 14.09.2017 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 01.10.2017 Berufung eingelegt und sie mit Schriftsatz vom 02.11.2017 begründet. Mit ihrer Berufung verfolgt sie ihr erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt vom 07.09.2017, Az. 30 C 1382/17 (71) aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, in die Klägerin einen Betrag in Höhe von € 925,51 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.04.2017 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet, §§ 517, 519, 520 ZPO.

Die Berufung hat in der Sache Erfolg. Die Klägerin kann die Erstattung der restlichen Mietwagenkosten in Höhe von € 925,51 gemäß dem § 823 Abs. 1 BGB, den §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 VVG, § 398 BGB ersetzt verlangen.

Der Mietpreis als solcher ist nach dem „Normaltarif“ der Schwacke-Liste 2016 für ein Fahrzeug der Klasse 6 zu berechnen, da sich der Unfall am 31.01.2017 ereignet hat. Die Schwacke-Liste 2017 erfasst erst den Zeitraum ab April 2017.
Den „Normaltarif“ kann der Tatrichter in Ausübung seines Ermessens nach § 287 Abs. 1 ZPO schätzen. Dabei gibt § 287 Abs. 1 ZPO dem Tatrichter die Schätzgrundlage nicht vor:

„Die Schadenshöhe darf lediglich nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden. Ferner dürfen wesentliche die Entscheidung bedingende Tatsachen nicht außer Betracht bleiben. …Gleichwohl können in geeigneten Fällen Listen oder Tabellen bei der Schadensschätzung Verwendung finden ..., [so] dass der Tatrichter in Ausübung des Ermessens nach § 287 ZPO den „Normaltarif“ grundsätzlich auch auf der Grundlage des „Schwacke-Mietpreisspiegels“ im maßgebenden Postleitzahlengebiet (ggf. mit sachverständiger Beratung) ermitteln kann.... Die Listen dienen dem Tatrichter nur als Grundlage für seine Schätzung nach § 287 ZPO. Er kann im Rahmen seines Ermessen, unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles von diesen - etwa durch Abschläge oder Zuschläge auf den sich aus ihnen ergebenden Normaltarif – abweichen“ (BGH, Versäumnisurteil vom 17.05.2011, Az.: VI ZR 142/10, juris; vgl. auch BGH, Urteil vom 09.05.2006, Az.: VI ZR 117/05, juris; BGH, Urteil vom 27.03.2012, Az.: VI ZR 40/10, juris, m.w.N.).

Die Kammer gibt in ständiger Rechtsprechung (vgl. nur die Urteile vom 25.11.2009, Az.: 2-16 S 116/09, vom 2.05.2010, Az.: 2-16 S 9/10, vom 25.05.2011, Az.: 2-16 S 30/11, vom 21.12.2011, Az.: 2-16 S 110/11, vom 11.04.2012, Az.: 2-16 S 181/11, vom 10.10.2012, Az.: 2-16 S 83/12 und vom 13.11.2013, vom 15.06.2016, Az.: 2-16 S 83/13, 2-16 8 221/15, vom 23.08.2017, Az.: 2-16 S 57/17) der Schwacke-Liste gegenüber der Fraunhofer-Erhebung den Vorzug (ebenso OLG Karlsruhe, Urteil vom 30.04.2010, Az. 4 U 131/09, juris; OLG Köln, Urteil vom 29.06.2010, Az.: 25 U 2/10, juris; OLG Köln, Urteil vom 18.08.2010, Az.: 5 U 44/10, juris; OLG Stuttgart, Urteil vom 18.08.2011, Az.: 7 U 109/11, juris; OLG Frankfurt, Urteil vom 27. Juni 2014 - 12 U 51/13 -, juris; OLG Frankfurt, Urteil vom 13. November 2012 - 6 U 23/12 -, juris; OLG Frankfurt, Urteil vom 22.09.2016, Az.: 1 U 231/14).

Grundlage des vom Fraunhofer Institut erstellten Marktpreisspiegels ist eine Erhebung vor Daten in erster Linie über Internet und in geringer Anzahl über Telefon. Trotz der wachsenden Bedeutung des Internets für Preisvergleiche und die Buchungen von Dienstleistungen spiegelt der Internetmarkt nicht das tatsächliche Markgeschehen wieder. In einer Vielzahl von Fällen weichen die Internetpreise erheblich vom realen Markt ab. Auch beruht die Datenbasis ganz überwiegend auf den Internetangeboten von nur sechs bundes- und weltweit tätigen Vermietungsunternehmen (Avis, Enterprise, Europcar, Hertz, Buchbinder und Sixt, vgl. Fraunhofer Marktpreisspiegel 2011, Seite 21). Die Recherche ist auf eine 2-stellige Zuordnung von Postleitzahlen bezogen, was insbesondere im ländlichen Raum erhebliche Ausdehnungen umfassen kann. Damit berücksichtigt die Fraunhofer-Erhebung nicht die große Anzahl lokaler Anbieter, die das örtliche Marktgeschehen prägen. Schließlich sind die Preise bei der Fraunhofer-Erhebung auf Grundlage einer einwöchigen Vorbuchungsfrist ermittelt, die bei einem Verkehrsunfall regelmäßig nicht eingehalten werden kann. Dies über einen „Aufschlag für unfallbedingte Mehrleistungen“ zu berücksichtigen, wie es der 16. Senat des OLG Frankfurt (Urteil vom 24. Juni 2010 - 16 U 14/10 -, juris-Rn. 24) vorschlägt, wäre systemwidrig. Denn damit würde die als Schätzungsgrundlage verwendete Liste gerade ausgehebelt.

Demgegenüber liegen der Schwacke-Liste Ermittlungen in dreistelligen Postleitzahlengebieten zugrunde, so dass die Ergebnisse ortsnaher sind als bei Fraunhofer. Dies ist von entscheidender Bedeutung, weil sich der Geschädigte nur auf den allgemein zugänglichen regionalen Markt verweisen lassen muss. Die Schwacke-Liste berücksichtigt darüber hinaus im Rahmen der „Nebenkostentabelle“ alle möglichen Preisbestandteile, die in der Praxis tatsächlich verlangt werden. Außerdem hat sie den Vorteil, dass sie nicht auf Internettarife abstellt (vgl. die Ausführungen von OLG Karlsruhe, Urteil vom 11.08.2011, Az.: 1 U 27/11, juris­ Rn. 44).

Kein entscheidender Vorteil der Fraunhofer-Liste besteht darin, dass sie auf einer anonymen Abfrage von Mietpreisen basiert und dadurch die Anmietsituation besser wiedergäben, weil Manipulationen durch Angabe überhöhter Preise vermieden werden könnten (so OLG Karlsruhe, Urteil vom 11. August 2011 - 1 U 27/11 -, juris). Die Ermittlung der Werte der Schwacke-Liste entspricht nämlich genau dem Vorgehen, wie es von einem Geschädigten nach einem Unfall und vor der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs erwartet wird. Der Geschädigte muss in aller Regel vor der Anmietung sich bei mehreren Autovermietern nach den Tarifen erkundigen. Bei einer solchen ordnungsgemäßen Nachfrage hätte er nur die Preise der konkret angefragten Firmen in Erfahrung bringen können. Dies wären dann die Tarife gewesen, von denen der Geschädigte den billigsten hätte auswählen dürfen. Bei dieser ihm obliegenden Nachfrage wird auch der Geschädigte meist mitteilen, dass er als Unfallgeschädigter ein Ersatzfahrzeug benötigt. Damit erlangen die Anbieter im konkreten Schadensfall ebenso wie bei der Datenerhebung von Schwacke davon Kenntnis, dass die Abrechnung über den Haftpflichtversicherer des Unfallgegners erfolgen kann. Die Schwacke-Liste muss aber keine anderen Anforderungen erfüllen, als sie ein Geschädigter durch seine Nachfragepflichten bei einem Unfall erfüllen muss. Auch der Geschädigte muss sich nicht damit befassen, ob die von ihm erfragten Tarife auch tatsächlich bei Anmietungen vereinbart wurden. Dies würde eine Überspannung der Pflichten eines Geschädigten bedeuten. Der fehlenden Anonymisierung der Datenerhebung bei der Schwacke-Liste kommt damit im Ergebnis keine Bedeutung zu.

Nicht in Betracht kommt es nach Auffassung der Kammer schließlich, das arithmetische Mittel zwischen der Schwacke-Liste und dem Fraunhofer-Mietpreisspiegel als Schätzgrundlage gemäß § 287 Abs. 1 ZPO anzusetzen (so OLG Saarbrücken, Urteil vom 22.12.2009, Az.: 4 U 294/09, juris-Rn.51; OLG Köln, Urteil vom 11.08.2010, Az.: 11 U 106/09, juris-Rn. 8; OLG Karlsruhe, Urteil vom 11.08.2011, Az.: 1 U 27/11, juris-Rn. 46; OLG Köln BeckRS 2013, 15119). Denn dies würde die verschiedenen Schätzgrundlagen, die nach unterschiedlichen Methoden ermittelt sind, in unzulässiger Weise vermischen.

Die Eignung der Schwacke-Liste als Schätzgrundlage wird im vorliegenden Fall auch nicht deswegen in Frage gestellt, weil die Beklagte „mit konkreten Tatsachen aufgezeigt ... [hätte], dass geltend gemachte Mängel der Schätzgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfang auswirken“ (BGH, Urteil vom 18.05.2010, Az.: VI ZR 293/08, NJW-RH 2010, 1251, juris-Rdn. 4; st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 22.02.2011, Az.: VI ZR 353/09, NJW-RR 2011, 823, juris-Rdn. 7; BGH, Versäumnisurteil vom 17.05.2011, Az.: VI ZR 142/10, NJW-RR 2011, 1109, juris-Rdn. 8).

Das von der Beklagten vorgelegte Internetangebot von Europcar vom 14.07.2017 betraf einen Zeitpunkt, der ca. 6 Monate nach dem maßgeblichen Anmietzeitraum liegt. Zwar mag es sein, dass die Preise in der Mietwagenbranche in der Vergangenheit niedriger lagen. Ihre bloße Behauptung, der Geschädigte hätte auch im Februar 2017 dieses Angebot erhalten, ist aber nicht hinreichend substantiiert, weshalb dem diesbezüglichen Beweisantritt auf Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht nachzugehen war. Schließlich berücksichtigt das Angebot nicht, dass zum Anmietzeitpunkt am 01.02.2017 das Vertragsende nicht bestimmt war. Im Übrigen bleibt offen, ob die Anzeige in rechtlicher Hinsicht ein Angebot ist oder lediglich eine invitatio ad offerendum, deren Verfügbarkeit erst bei endgültiger Bestellung in der Eingabemaske geprüft wird.

Schließlich hat der Bundesgerichtshof in den vorgenannten Entscheidungen nicht beanstandet, dass der Tatrichter trotz Vorlage wesentlich günstigerer Angebote die Schwacke-Liste weiterhin als geeignete Schätzgrundlage angewandt hatte, sondern dass er sich mit dem diesbezüglichen Vorbringen des Haftpflichtversicherers „nicht in ausreichender Weise auseinandergesetzt" bzw. nicht „näher befass[t]“ habe.

Die Klägerin hat auch einen Anspruch auf Erstattung der Zusatzkosten für Winterreifen. Wenn auf dem Mietwagenmarkt Mietfahrzeuge mit Winterbereifung nur gegen Zahlung eines Zuschlags für dieses Ausstattungsmerkmal angeboten werden, dann ist der zusätzliche Kostenaufwand für die Ausstattung mit Winterreifen erforderlich i. S. v. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB. Das Argument, in der Winterzeit sei die Ausrüstung eines Mietwagens mit Winterreifen selbstverständlich, weil es durch die Autovermietung direkt mit Winterreifen bestellt werden könne, was mit dem Normaltarif abgegolten sei, trägt dann nicht, wenn der Markt dies gerade nicht als „selbstverständlich“ voraussetzt. Dass dies so ist, ergibt sich zur Überzeugung der Kammer bereits aus dem Umstand, dass die Schwacke-Liste aufgrund der Erhebungen bei unzähligen Autovermietern Winterreifen als typischerweise gesondert zu vergütende Zusatzausstattung ausweist (OLG Stuttgart, Urteil vom 18. August 2011 - 7 U 109/11 -, juris, OLG Celle, Urteil vom 29. Februar 2012 - 14 U 49/11-, juris, jeweils m. w. N.).

Vorausgesetzt ist dabei, dass die Winterbereifung ihrerseits erforderlich ist, um den Verlust der Nutzungsmöglichkeit des eigenen Kfz auszugleichen. Dies ist nicht nur stets dann der Fall, wenn das verunfallte Kfz mit Winterreifen ausgestattet war, sondern in allen Fällen, in denen während der Mietdauer ernstlich mit der Möglichkeit von Wetterlagen gerechnet werden muss, die mit Rücksicht auf § 2 Abs. 3a StVO eine Winterausrüstung des Mietwagens erforderlich machen. Da der Mieter Verantwortung für fremdes Eigentum übernehmen muss, ist ihm in der kalten Jahreszeit - wie vorliegend - die Haftung für den Mietwagen ohne Winterreifen selbst dann nicht zuzumuten, wenn er sein eigenes Fahrzeug nicht mit Winterreifen ausgerüstet hat. Diese letztgenannten Voraussetzungen stehen jedoch außer Streit.

Auch die geltend gemachten Kaskokosten sind ersatzfähig, (vgl. zur Ersatzfähigkeit OLG Köln, Urteil vom 30. Juli 2013 - 15 U 212/12 -, Rn. 48, juris). Insoweit sind nach dem Modus der Schwacke-Liste pro Tag € 23,00 und damit insgesamt € 391,00 zu ersetzen.

Die Klägerin muss sich ersparte Eigenaufwendungen des Geschädigten anrechnen lassen. Bei „klassengleicher“ Abrechnung wie im vorliegenden Fall hält die Kammer in ständiger Rechtsprechung (vgl. das Urteil vom 10.10.2012, Az.: 16 S 83/12) einen Abschlag von 5 % von dem gegebenen Erstattungsanspruch für ausreichend, aber auch für angemessen.

Der erstattungsfähige Mietzeitraum beträgt 17 Tage.

Demnach ergibt sich ausgehend vom Modus der Schwacke-Liste 2016 für die Fahrzeugklasse 06, PLZ-Gebiet 515, folgende Schätzung (Mehrwertsteuer ist enthalten):

Wochenpauschale 2 x 702 €    € 1.404,00
3-Tagespauschale 1 x 367 €    € 367,00
zzgl. Vollkasko 17 x 23,00 €        € 391,00
zzgl. Winterreifen 17 x 10,00 €    € 170,00
Zwischensumme                    € 2.332,00

abzgl. Eigenersparnis von 5 %     € 116,60
abzgl. vorgerichtliche Zahlung     € 1.239,74
Endergebnis                            € 975,66

Da der zuvor festgestellte erstattungsfähige Betrag bereits über dem klageweise geltend gemachten Anspruch in Höhe von€ 925,51 liegt, ist die Klage vollumfänglich begründet.

Der Zinsanspruch ist gemäß §§ 280 Abs.1, Abs. 2, 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 1 BGB begründet.

Im Ergebnis war daher die Berufung in voller Höhe begründet.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzung für eine Zulassung der Revision (§ 543 ZPO) liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

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Bedeutung für die Praxis: Nachdem das Gericht zunächst angekündigt hatte, dass die ständige Rechtsprechung der 16. Kammer infrage gestellt wird, ist es erst einmal bei einer Anwendung der SchwackeListe verblieben. Für die Zukunft ist ggf. davon auszugehen, dass die Schwacke-Linie grundlegend überprüft wird. Maßgeblich könnte die Neubesetzung des Präsidenten des Gerichtes sein, der vormals in Gießen mit der dortigen Fraunhofer-Rechtsprechung in Verbindung gebracht wird. Andererseits ist das jüngste OLG-Urteil aus Frankfurt als eine Korrektur ebendieser Gießener Fraunhofer-Rechtsprechung ergangen (1 U 231/14 vom 22.09.2016) und hat diese um 180 Grad von Fraunhofer auf Schwacke gedreht. Es bleibt deshalb abzuwarten, wie sich die Mietwagenrechtsprechung in Frankfurt zukünftig entwickelt. Dementsprechend bitten wir bei bestehender Unsicherheit bzgl. Klagen am Landgericht in Frankfurt um einen Kontakt, um gemeinsam zu versuchen, mit den richtigen Argumenten für einen Fortbestand der Schwacke-Rechtsprechung zu sorgen.

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