Neue Masche im Mietwagenstreit

Weil Haftpflichtversicherer es bisher nicht geschafft haben, die SchwackeListe ins Abseits zu stellen, soll eine neue Masche helfen. Es werden in konkreten Fällen Vermieter gefragt, ob zum Beispiel vor einem Jahr ein mit dem Mietwagen des Falles vergleichbares Fahrzeug konkret verfügbar gewesen sei und was das inklusive aller den Fall betreffenden Leistungen gekostet hätte. Mit dieser Aussage will der Haftpflichtversicherer in einem konkreten Gerichtsverfahren erreichen, dass der Richter zu dem Schluss kommt, dann hätte der Geschädigte also zu teuer angemietet, wenn er mit seinem Rechtsanwalt eine höhere Mietwagenforderung durchsetzen möchte.

Warum diese Gefälligkeitsschreiben einiger Vermieter aus methodischer Sicht keine Relevanz für die Frage der Anwendbarkeit einer Schätzgrundlage haben können, wurde ausführlich in Mietwagenrecht§wi§§en MRW 2-2017, Seite 2 ff. dargestellt, siehe Titelblatt

Beispiel-Schreiben des Vermieters an den Versicherer für den Gerichtsprozess des Versicherers: http://www.bav.de/images/aktuelles/pdf/gs%20vermieter%201.pdf

Weiteres Beispiel-Schreiben: http://www.bav.de/images/aktuelles/pdf/gs%20vermieter%202.pdf

Bei der Durchsicht von aktuellen Gerichtsentscheidungen fällt ein besonderes Phänomen auf, auf welches hier noch einmal Bezug genommen werden soll. Viele Gerichte, die die Argumente der Versicherer bisher nicht gelten lassen, leisten dieser Entwicklung nämlich selbst Vorschub, weil sie in der (ablehnenden) Begründung  einen Fehler begehen. Zwar wird zunächst erklärt, die Beklagte habe mit der Vorlage von günstigeren Internetangeboten die Anwendbarkeit der SchwackeListe nicht erschüttert. Doch dann wird das häufig unter anderem damit begründet, dass durch die Vorlage von Internetscreenshots nicht erkennbar sei, ob diese Angebote auch zum Zeitpunkt der Ersatzmobilität des Geschädigten gegolten haben (so z.B. AG Alterkirchen vom 01.06.2017, Az 71 C 95/17).

Zitat: "Hier wäre es Sache der Beklagten gewesen, konkret vorzutragen, dass die Anmietung eines Mietwagens zu Preisen aus dem Internetangebot auch zum Anmietzeitpunkt für den Geschädigten tatsächlich möglich ... gewesen wäre."

Und das ist falsch.

Es erscheint als eine logische Konsequenz, dass Versicherer - vom Gericht dazu aufgefordert - nach einem Weg suchen, auch mehrere Monate oder Jahre nach der Anmietung den Nachweis zu führen, dass es für den Geschädigten in seiner Situation am regionalen Markt ein günstigeres Angebot gegeben hätte. Unabhängig von der Frage, ob dieses Angebot vergleichbar war (Vorfinanzierung, Kaution, Selbstbeteiligung, Zustellung innerhalb welcher Zeit, Ausstattung usw.), sind solche Angebote kein Argument gegen eine Liste (siehe oben erwähnter Beitrag in MRW 2-17). Das Hauptargument dort: Ein Mittelwert ist eine Berechnung aus Werten darüber und darunter. Das bedeutet, ein einzelner Wert unterhalb des Mittelwertes kann die Frage nicht beantworten, ob der Mittelwert korrekt ist.

So sieht es auch das AG Köln, Urteil vom 11.07.2017, Az. 267 C 10/17

"Die Vorlage auch mehrerer Angebote, welche geringere Preise als der Schwacke-Mietpreisspiegel aufführen, genügt zur Erschütterung der Liste im Übrigen ohnehin nicht, da im Mietpreisspiegel die durchschnittlichen Preise genannt werden und es dabei systemimmanent ist, dass es vom Durchschnitt erhebliche Abweichungen in beide Richtungen geben kann."

Weitere Urteile und Zitate, in denen Gerichte die Argumentation mittels Gefälligkeitsschreiben abgelehnt haben:

AG Bonn, Urteil vom 30.08.2017, Az. 115 C 199/16

"Die Angebote der Firma Enterprise B.V. & Co KG bieten vermeintlich die vergleichbaren Konditionen. Es fehlt aber an jedem Vortrag dahingehend, wie die Geschädigten auf diese Angebote hätten aufmerksam werden können (so auch LG Bonn 8 S 137/16 - Protokoll). ... Das Gericht ist ferner der Ansicht, dass dieses Angebot, selbst wenn alle Voraussetzungen vorlägen, die gewählte Schätzgrundlage nicht erschüttern kann. Denn es ist unstreitig, dass die Beklagte zur Firma Enterprise Geschäftsbeziehungen unterhält, sodass es sich bereits nicht um ein vergleichbares Angebot handelt, sondern den Angeboten Sonderkonditionen zugrunde liegen."

AG Schwandorf, Urteil vom 18.07.2017, Az. 1 C 385/17

"Nicht überzeugend ist ... auch der Vortrag der Beklagten, es hätten billigere Angebote der Fa. Caro vorgelegen. Nach der Rechtsprechung des BGH besteht eine Obliegenheit zur Anmietung eines günstigeren Fahrzeugs ... lediglich dann, wenn feststeht, dass dem Geschädigten ein günstigerer Tarif in der konkreten Situation "ohne weiteres" zugänglich gewesen wäre ... Das ist vorliegend nicht der Fall, insbesondere wurde von der Beklagten nicht erläutert, wie die Klägerin an dieses Angebot "ohne weiteres" hätte gelangen können."

AG Bad Neuenahr-Ahrweiler vom 16.06.2017, Az. 31 C 30/17:

"Auch das Angebot der Firma Enterprise ist nicht geeignet, die Schätzgrundlage zu erschüttern. Unbestritten ist in dem Angebot der Firma Enterprise eine Kilometerbegrenzung enthalten. Bereits vor diesem Hintergrund ist eine Vergleichbarkeit nicht gegeben."

Amtsgericht Stuttgart 44 C 2984/16 vom 28.04.2017

"Auch unter Berücksichtigung der von Beklagtenseite vorgelegten Auskünfte der Firma Enterprise Autovermietung vom 01.09.2016 (Anlage BLD 24) ergibt sich nichts anderes. Die Angebote wurden bezüglich eines zeitlich begrenzten Zeitraumes eingeholt, wohingegen im Falle einer Anmietung aufgrund eines Verkehrsunfalls eine ungewisse Mietdauer gegeben und daher ein Mietende noch nicht bestimmbar ist. Sie reichen daher zum Nachweis einer damals tatsächlich konkret bestehenden entsprechenden Anmietungsmöglichkeit nicht aus. Auch die Frage bezüglich konkreten Kilometer Regelungen bleibt offen. Hierauf hat das Gericht auch in der Verfügung vom 05.01.2017 (BI. 203 der Akte) hingewiesen. Aufgrund des Fehlens der genannten Angaben ist eine Vergleichbarkeit mit den Umständen der streitgegenständlichen Anmietsituationen nicht gegeben (vgl. dazu Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 10.11.2016, Az. 15 U 59/16 (Anlage zum Protokoll vom 09.12.2016, BI. 182 ff. der Akte)." (Auch hier scheint das Gericht es bisher nicht zu sehen, dass diese Argumente schon im Ansatz untauglich sind.)

Unsere ältere Meldung dazu:

http://www.bav.de/vermietung-nach-unfall/allgemeines/2591-gefaelligkeitsschreiben-von-caro-und-enterprise.html

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