Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 17-17

 

Oberlandesgericht Köln 15 U 34/17 vom 27.03.2017 (Beschluss)

1. Der für Mietwagenstreitigkeiten des Schadenersatzrechts zuständige 15. Senat des OLG Köln weist darauf hin, dass die Berufung der Beklagten in einer Mietwagensache keine Aussicht auf Erfolg hat.
2. Der Geschädigte musste auf die Angebote der Beklagten nicht eingehen. Diese waren in Bezug auf die Konkretheit der Preise, die Verfügbarkeit und die genauen Konditionen nicht ausreichend transparent und damit unzureichend, um einen Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht feststellen zu können.
3. Dem angebotenen Zeugenbeweis musste nicht nachgegangen werden. Es würde sich dabei um einen Ausforschungsbeweis handeln, da die Erheblichkeit des unter Beweis gestellten Vorbringens mangels Substantiierung nicht nachprüfbar ist.
4. Wie bei der Restwertrechtsprechung müssen dem Geschädigten besondere Umstände einen Anlass dazu geben, etwaige günstigere Anmietmöglichkeiten wahrzunehmen.
5. Den Geschädigten sollen und dürfen keinesfalls die allgemeinen Modalitäten des Haftpflichtversicherers aufgezwungen werden.

Zusammenfassung: Das OLG Köln urteilt zum Thema Direktvermittlung, dass Angebote des Versicherers ohne klare und eindeutige Benennung konkreter Preise, der umfassten Konditionen und der konkreten Verfügbarkeit den Geschädigten nicht auf dieses Angebot binden, dieser statt dessen einen anderen Anbieter zu Marktpreisen wählen und den erforderlichen Betrag des Schadenersatzes für Ersatzmobilität ersetzt verlangen kann. Der Vortrag der Beklagten zur angeblichen Zumutbarkeit und Zugänglichkeit eines Direktvermittlungsangebotes muss konkret sein, um die Erheblichkeit des Vorbringens für einen Zeugenbeweis überhaupt überprüfen zu können.

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Oberlandesgericht Köln 15 U 34/17 vom 27.03.2017
(Vorinstanz Landgericht Bonn 4 O 71/16)


Beschluss



In dem Rechtsstreit

XXX

gegen

XXX

hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln am 27.03.2017 durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht XXX, den Richter am Oberlandesgericht XXX und den Richter am Oberlandesgericht XXX

beschlossen:

Der Senat weist darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen

Es besteht Gelegenheit, innerhalb von vier Wochen ab Zustellung Stellung zu nehmen.


Gründe:


Die zulässige Berufung hat nach der einstimmigen Überzeugung des Senates offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 05.12.2016 (BI. 264 ff d.A.) zu Recht und mit zutreffender Begründung der Klage hier weitgehend stattgegeben. Das Berufungsvorbringen vom 20.02.2017 (Bl. 318 ff. d.A.) rechtfertigt keine andere, der Beklagten günstigere Sicht der Dinge.

Soweit die Berufungsbegründung auf S. 2 f. (Bl. 319 f. d.A.) rügt, dass (nur) in den Fällen 9, 15 und 18 Beweisantritte zur (angeblichen) anderweitigen Zugänglichkeit eines Normaltarifs übergangen worden seien, trägt das zunächst nicht. Das Landgericht hat im angegriffenen Urteil ausgeführt, dass und warum der nur pauschale Zeugenbeweisantritt und die eingereichten Unterlagen (S. 2 der Klageerwiderung (Bl. 121 d.A.), S. 1 ff. des Schriftsatzes vom 17.10.2015 (Bl. 227 ff. d.A.) und im Schriftsatz vom 25.10.2016 (BI. 248 ff. d.A.)) als solche unzureichend waren, um hier einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht (§ 254 BGB) feststellen zu können. Dass den Betroffenen konkrete Preise, die genaue Verfügbarkeit und die genauen Konditionen in einem ohne weiteres annahmefähigen Angebot ausreichend transparent gemacht worden sind - was man mit Blick auf die von Beklagtenseite selbst geforderte deutliche Annäherung an die Fälle von sog. Restwertangeboten verlangen dürfte (zu den dortigen Anforderungen etwa BGH v. 01.06.2010 - VI ZR 316/09, NZV 2010, 446 Tz. 10) -, ist bis zuletzt nicht ausreichend erkennbar und/oder dargetan. Die Einholung eines Zeugenbeweises verlangt nach der Rechtsprechung aber (nur) ausreichend substantiierten Sachvortrag, der (zumindest) die Prüfung der Erheblichkeit des unter Beweis gestellten Vorbringens erlaubt. Selbst daran fehlt es aus dem vom Landgericht genannten Gründen, weswegen eine solche Zeugenvernehmung auch auf eine unzulässige Ausforschung hinausgelaufen wäre. Auch die Berufungsbegründung zeigt keinen erheblichen weitergehenden Sachvortrag auf. Es sei daher zur Meidung von Wiederholungen auf die Ausführungen der angegriffenen Entscheidung Bezug genommen. Ansonsten sei der Hinweis erlaubt, dass – erneut in Anlehnung an die Rspr. zu Restwertangeboten (a.a.O.) - auch in solchen Fällen jeweils besondere Umstände einem Geschädigten Veranlassung geben müssten, etwaige günstigere Ersatzmöglichkeiten wahrzunehmen, um so seiner sich aus § 254 Abs. 2 S. 1 BGB ergebenden Verpflichtung zur Geringhaltung des Schadens zu genügen; keinesfalls sollen und dürfen dem Geschädigten allgemein die Modalitäten des Versicherers aufgezwungen werden. Nur unter solchen engen Voraussetzungen kann der Geschädigte dann etwa gehalten sein, von einer grundsätzlich zulässigen Dritt-Anmietung Abstand zu nehmen und im Rahmen des Zumutbaren andere sich ihm konkret darbietende und konkret annahmefähig aufgezeigte Möglichkeiten zur kostengünstigeren Anmietung im Interesse des Versicherers zu ergreifen.

Das Anschreiben vom 11.08.2015 im Fall 15 (Bl. 234 f. d.A.) genügt den Anforderungen aus dem vom Landgericht zutreffend herausgearbeiteten Gründen, mit denen sich die Berufungsbegründung ebenfalls nicht näher auseinandersetzt gleichsam nicht.


Die weiteren Einwendungen auf S. 3 ff. der  Berufungsbegründung (Bl. 320 ff. d.A.) betreffen zuletzt die Frage, ob der Schaden nicht doch allein auf Grundlage der Fraunhofer-Liste zu schätzen gewesen wäre, was der Senat in st. Rspr. - für die zu ändern das Vorbringen weiterhin keinen Anlass bietet - aber gerade verneint (vgl. etwa Senat v. 10.11.2016 - 15 U 59/16, BeckRS 2016, 112794). Die Berechnung – insbesondere hinsichtlich der Nebenkosten - steht auch im Übrigen mit der Rspr. des Senats im Einklang und ist nicht zu beanstanden.

Die Sache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Senates auf Grund mündlicher Verhandlung, die auch sonst nicht geboten ist (§ 522 Abs. 2 S. 1 ZPO).

Der Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme zu den obigen Hinweisen innerhalb der im Tenor genannten Frist. Diese Frist kann nur unter den Voraussetzungen des § 224 Abs. 2 ZPO oder mit Zustimmung des Gegners - durch Beschluss des Senats oder durch Verfügung des Vorsitzenden oder dessen Stellvertreters - verlängert werden.

Auf die Möglichkeit einer kostensparenden Rücknahme der Berufung (Nr. 1220, 1222 KV GKG) wird hingewiesen.

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Bedeutung für die Praxis: Der hier beteiligte Haftpflichtversicherer organisiert den Zugriff auf Geschädigte intensiv. Zentrales Mittel ist es dabei, die Geschädigten schnellstmöglich - bestenfalls noch am Unfallort - anzurufen und ihnen ein Angebot zu unterbreiten. Solche Angebote können aber wohl nicht konkret sein, denn der Haftpflichtversicherer kennt weder den Bedarf des Geschädigten, noch hat er seine eigene Eintrittspflicht in dem Schadenfall überhaupt geprüft. Wichtig erscheint ihm wohl nur, dem Geschädigten nicht zu gestatten, den Ersatzbedarf selbst und zu Marktpreisen zu disponieren oder ihm zumindest später den Vorwurf machen zu können, er hätte zu teuer angemietet. Im späteren Prozess wird Zeugenbeweis dafür angeboten, dass der Geschädigte ein Angebot erhalten habe und er sich damit einen Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht entgegenhalten lassen müsse. Viele Gerichte vernehmen dann die angebotenen Zeugen auf die Frage hin, ob denn ein Angebot abgegeben wurde. Nur selten werden die Details dieses Angebotes hinterfragt oder gar - wie hier - die Frage beurteilt, ob es sich lediglich um einen Ausforschungsbeweis handelt. Das Landgericht Bonn hat das Vorbringen der Beklagten mit mehreren Begründungen, u.a. der inhaltlichen Widersprüchlichkeit der Angaben, den zugrundliegenden Sonderkonditionen und der mangelnden Prüfbarkeit des Vortrages zurückgewiesen (Erstinstanz: Urteil vom 05.12.2016 zum Aktenzeichen 4 O 71/16). Per Beschluss wurde das vom OLG Köln bestätigt. Das Verfahren ist abgeschlossen, da die Beklagte die Berufung gegen die Entscheidung des Landgerichts Bonn zurückgenommen hat. Mit Newsletter MRWaktuell 50/16 vom 13.12.2016 hatten wir Ihnen die erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichst Bonn bereits zur Verfügung gestellt.

 

 

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