Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 43-16

 

Amtsgericht Köln 266 C 30/16 vom 23.05.2016

1. Bedenken gegen die Anwendung der Schwackeliste sind unbegründet, denn Schwacke zeigt in Bezug auf seine Erhebungsmethode transparent auf, dass öffentlich verfügbare Preislisten verwendet wurden, deren Werte auch intensiv geprüft worden sind.
2. Ein Vortrag und ein diesbezüglicher Beweisantritt der Bekagten fehlen hier, dass der Geschädigte bei konkret benannten anderen Anbietern eine vergleichbare Leistung erheblich günstiger erhalten hätte.
3. Geschädigte müssen nach einem Unfall keine Marktrecherche im Internet oder per Telefon betreiben.
4. Der Verweis auf eine andere Preisliste begründet keinen Zweifel an der Schwackeliste.
5. Internetangebote sind für diese Diskussion nicht relevant, da die Mietbedingungen mit den konkreten Gegebenheiten der hier diskutierten Ersatzanmietung nicht vergleichbar sind (Vorbuchung, Mietdauer, Kreditkarte/Vorfinanzierung, Kaution).
6. Aus zwei vermeintlich falschen Erhebungen lässt sich auch per Verrechnung keine anwendbare Schätzgrundlage konstruieren, weshalb die Mittelwertbildung aus Schwacke und Fraunhofer abzulehnen ist.
7. Die vorgelegten Internetangebote sind ebenso als konkreter Sachvortrag ungeeignet, da deren Bedingungen und konkrete Rahmenbedingungen unpassend oder nicht bekannt sind.
8. Im Übrigen kann ein einzelnes Angebot nicht das Ergebnis einer Schätzgrundlage erschüttern.

Zusammenfassung:  Das Amtsgericht Köln wendet weiterhin die Schwackeliste an. Mit überzeugender, sehr ausführlicher und lesenswerter Begründung werden alle Versuche der Beklagten zurückgewiesen, die Anwendbarkeit der Schätzgrundlage zu erschüttern.

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Amtsgericht Köln 266 C 30/16 vom 23.05.2016
Im Namen des Volkes


Urteil


In dem Rechtsstreit
XXX
gegen
XXX

hat das Amtsgericht Köln
im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am 23.05.2016
durch die Richterin am Amtsgericht XXX

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 426,82 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.04.2013 zu zahlen.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin vorgerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 36,40 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.04.2013 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

- Ohne Tatbestand, §§ 313a, 495a ZPO -



Entscheidungsgründe



Die Klage ist begründet.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Ersatz weiterer Mietwagenkosten in tenorierter Höhe.

Mietwagenkosten gehören grundsätzlich zum Herstellungsaufwand, den ein Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherung gemäß § 249 BGB dem Geschädigten nach einem Unfall zu ersetzen hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sind als erforderlicher Aufwand nur diejenigen Mietwagenkosten anzusehen, die ein  verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Der Geschädigte ist dabei ebenso wie bei anderen Kosten der Wiederherstellung und ebenso wie in anderen  Fällen, in denen er die Schadensbeseitigung selbst in die Hand nimmt, nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den  wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlichen relevanten Markt - nicht nur für Unfallgeschädigte - erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen kann; es ist also vom Normaltarif auszugehen.

Für die Ermittlung des Normaltarifs sieht das Gericht den Schwacke-Mietpreisspiegel als geeignete Schätzgrundlage an. Hiervon geht offensichtlich auch der BGH aus, der u.a. in den Entscheidungen vom 14.10.2008, 17.5.2011 und 18.12.2012 die Heranziehung der Schwacke-Liste nicht beanstandet.

Bei der Bildung der aufgeführten Werte hat sich der Schwacke-Auto-Mietpreisspiegel an den tatsächlichen Marktverhältnissen orientiert. Die Schwacke-Organisation tritt als neutrale Sachverständigenorganisation auf. Sie verzichtet bei der Datensammlung bewusst auf unzuverlässige und nicht reproduzierbare telefonische Erhebungen und auf Internetrecherche und wertet schriftliche Preislisten aus, die für jeden frei zugänglich sind. Schwacke hat ausweislich des Editorials allein im Jahr 2012 Informationen von 7.358 Vermietstationen ausgewertet. Es wurden 2.108 Preislisten aus dem Internet zur Überprüfung verwendet; ferner wurden 5.064 Überprüfungen durch Doppelmeldungen durchgeführt, die zu keinen abweichenden Ergebnissen führten. Für die Vorjahre gilt ähnliches. Die Manipulationsmöglichkeiten, die hinsichtlich der Schwacke-Liste immer wieder als Kritikpunkt angeführt werden, dürften in Hinblick hierauf sehr gering sein.

Die Beklagte hätte demgegenüber konkret darlegen müssen, dass die befragten Mietwagenunternehmen völlig aus dem üblichen Preisrahmen herausfallen. Die Anwendung der Schwacke-Liste kann allenfalls dann zur Schätzung ungeeignet sein, wenn der Schädiger umfassenden Sachvortrag dazu vorbringt und insoweit Beweis antritt, dass dem Geschädigten im fraglichen Zeitraum eine Anmietung mit denselben Leistungen zu wesentlich günstigeren Preisen bei konkret benannten bestimmten anderen Mietwagenunternehmen möglich gewesen wäre (BGH, Urteil vom 22.02.2011, Az.: VI ZR 353/09). An einem solchen Vortrag fehlt es hier.

Dass dem Kläger in der konkreten Situation ein günstiger Tarif zugänglich gewesen wäre, ist nicht ersichtlich oder dargelegt. Für einen solchen Umstand, dass dem Geschädigten in der konkreten Situation ein günstigerer Tarif nach den konkreten Umständen ohne weiteres zugänglich gewesen wäre, ist die Beklagte beweispflichtig (BGH, Urteil vom 2.2.2010, Az.: VI ZR 139/08). Hierbei kann nicht vorausgesetzt werden, dass Erkundigen von Kunden zuvor über Internet oder Telefon eingeholt werden. Gerade auf ältere Generationen, die mit dem Internet nicht vertraut sind und persönliche Gespräche vorziehen könnten, dürfte dies nicht zutreffen. Zudem liegt es gerade in einer Unfallsituation nicht nahe, dass ein Geschädigter noch am Unfallort oder in der Werkstatt über Internet oder Telefon Marktforschungen anstellt.

Der allgemeine Verweis auf die Fraunhofer-Studie und die dort aufgeführten Tarife reicht ebenfalls nicht aus. Insbesondere stellt allein der Verweis auf alternative Schätzgrundlagen gerade keine konkrete Tatsache dar, welche geeignet ist, Mängel an der von dem Gericht herangezogenen Schätzgrundlage zu begründen, die sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken. Dies hat der BGH jüngst erneut bestätigt (u.a. BGH, Urteil vom 22.02.2011, VI ZR 353/09). Es liegt auch nicht schon ein solcher Mangel darin, dass etwa der Fraunhofer Mietpreisspiegel geringere Preise ausweist (vgl. LG Köln, Urteil vom 10.11.2009, 11 S 400/09 und Urteil vom 15.12.2009, 11 S 394/08). Zudem bestehen für das Gericht erhebliche Zweifel an der Fraunhofer-Studie.

Das Fraunhofer Institut hat im Jahr 2010 mit der nicht belegten Begründung, dass der Anmietzeitraum nur in äußerst seltenen Fällen Einfluss auf den Preis habe, einen Anmietzeitpunkt gewählt, der nicht zwischen Donnerstag 14 Uhr und Montag 9 Uhr lag. Evtl. Ferieneinflüsse, Sondertarife u. ä. wurden nicht berücksichtigt und flossen auch nicht in Durchschnittspreise ein. Es wurde außerdem jeweils ein etwa eine Woche in der Zukunft liegender Anmietzeitpunkt ausgewählt, was durchgreifende Bedenken an der die Besonderheiten eines Falles wie des vorliegenden erfassenden Repräsentativität der in der Studie abgebildeten Werte begründet. Denn gerade die Notwendigkeit der kurzfristigen Verfügbarkeit kennzeichnet in einer erheblichen Anzahl von Fällen die Situation der Anmietung eines Ersatzfahrzeuges, welches an Stelle des infolge des Unfalls fahruntauglichen Fahrzeugs benötigt wird (OLG Köln, Urteil vom 8.11.2011, Az.: 1-15 U 54/11). Die Erhebung auf Internetbasis, die 88 % der Daten ausmachte, umfasste 1.602 Anmietstationen, die auf nur sechs verschiedene, überregionale Anbieter entfallen. Mittelständige Anbieter wurden hierbei überhaupt nicht mit einbezogen. Auch bei den telefonischen Befragungen entfielen 58 % auf diese sechs Anbieter. Dass hierdurch der relevante örtliche Markt abgebildet wird, erscheint sehr zweifelhaft. Hinzu kommt, dass bei Anbietern häufig Mehrfachbefragungen erfolgen, die in die Studie eingehen, was eine Repräsentativität der Umfrageergebnisse nicht gerade erhöht. Außerdem ist die Haftungsreduzierung, die als typisch bezeichnet wird, mit einer deutlich höheren Selbstbeteiligung von € 750,00 und € 950 ,00 angesetzt als bei Schwacke, ohne dass Kosten für eine weitere Herabsetzung der Selbstbeteiligung genannt sind. Nebenkosten sind nicht erfasst. Für die Folgejahre gilt  ähnliches.

Internetangebote stellen auch im Übrigen nach Ansicht des Gerichts keine geeignete Vergleichsgrundlage dar. Abgesehen davon, dass nicht jedes Mitglied der Bevölkerung über einen Computer und Internetzugang verfügt, setzt die Internetanmietung regelmäßig eine Vorabreservierung voraus und ist insoweit nicht mit einer Vorort-­Anmietung vergleichbar. Auch ist bei Internetangeboten die Anmietzeit von Anfang an befristet. Ferner wurden für das zu mietende Fahrzeug fast immer nur Beispielfahrzeuge angegeben; eine Zusicherung für ein bestimmtes Fahrzeugmodell wurde nicht abgegeben. Die Postleitzahlengebiete sind außerdem derart groß gewählt, dass ein Vergleich mit den kleineren Gebieten der Schwacke-Liste kaum möglich ist. Da ein Geschädigter grundsätzlich eine Anmietung in Wohnort- oder Werkstattnähe vornimmt, können weiter entfernte Mietwagenanbieter in einem groß gewählten Gebiet die Preise erheblich verzerren.

Die genannten Bedenken sprechen auch gegen die telefonische Erhebung des Fraunhofer Instituts. Hier sind die PLZ-Gebiete zudem derart groß gewählt, dass ein Vergleich nicht möglich ist.

Das Gericht sieht auch nicht den Mittelwert zwischen Fraunhofer und Schwacke als geeignete Grundlage für eine Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten an, der nunmehr vom OLG Köln (OLG Köln, Urteil vom 30.7.2012, Az.: 15 U 212/12) zugrunde gelegt wird (so auch LG Köln, Urteil vom 13.8.2013, Az.: 11 S 374/12, das weiterhin die Anwendung der Schwacke-Liste bejaht). Die Bedenken des OLG Kölns gegen die Schwacke-Liste kann das erkennende Gericht nicht teilen. Wie bereits oben dargelegt, übernimmt Schwacke die Antworten aus den versendeten Fragebögen nicht blind, sondern führt in großem Umfang Überprüfungen durch Doppelerhebungen und Internetlisten durch. Dass die Preise der Schwacke-Liste in den Jahren 2010 bis 2012 gestiegen sind, während die der Fraunhofer-Liste gesunken sein sollen, führt zu keiner anderen Beurteilung. Es ist nicht belegt, dass die sinkenden Preise der Fraunhofer-Liste zutreffend sein sollen; auch ist die Vergleichbarkeit der Listen aufgrund der unterschiedlichen Erhebungsmethoden eingeschränkt. Zudem überzeugt der Verweis auf sinkende Preise und den behaupteten Preiskampf der Mietwagenunternehmen nicht. Es könnte ebenso angenommen werden, dass ein Steigen der Mietwagenpreise realistisch ist, da nach der dts-Nachrichtenagentur auch die Preise für die Anschaffung von Fahrzeugen steigen, wobei der Anstieg deutlich über die Inflation hinausgeht (Meldung der dts-Nachrichtenagentur vom 13.6.2013, zu finden über www.finanznachrichten.de). Dies spricht eher dafür, dass die Erhebungen von Schwacke zutreffend sind als die der Fraunhofer Agentur.

Ferner ist noch einmal darauf zu verweisen, dass der Bundesgerichtshof auch in seinen letzten Urteilen die Schwacke-Liste als Schätzgrundlage gebilligt hat (vgl. etwa BGH, Urteil vom 27.3.2012, Az.: VI ZR 40/10) und dass in Ausübung des tatrichterlichen Ermessens die Art der Schätzgrundlage nicht vorgegeben ist.

Hinzu kommt, dass das erkennende Gericht es nicht als überzeugend ansieht, aus zwei Schätzgrundlagen, die nach Auffassung des Oberlandesgerichts Köln Mängel ausweisen und an sich nicht geeignet sein sollen, einen Mittelwert zu bilden, der nunmehr eine taugliche Schätzgrundlage darstellen soll. Die Unterschiede in den Erhebungsmethoden und die erheblich größeren Postleitzahlengebiete der Fraunhofer-Liste lassen nach Ansicht des erkennenden Gerichts einen Mittelwert aus beiden Listen nicht als taugliche Schätzgrundlage erscheinen.

Auch die vorgelegten Angebote der Firmen Sixt und Enterprise führen nicht zu einer anderen Beurteilung. Das Angebot der Firma Sixt betrifft schon einen anderen Zeitraum als den, für den die Geschädigte ein Mietfahrzeug in Anspruch genommen hat. Die pauschale Behauptung der Beklagten, dass diese auch für den betroffenen Zeitraum in 2013 gültig gewesen wären, wurde in keiner Weise näher ausgeführt oder durch Belege gestützt. Es ist allgemein bekannt, dass Mietwagenkosten zu bestimmten Zeiten aufgrund erhöhter Nachfrage (Ferien, Messe etc.) erheblich voneinander abweichen können. Darüber hinaus ist aus dem Angebot nicht ersichtlich, für welche Stadt es gilt. Allein deswegen ist es nicht mit den streitgegenständlichen Mietwagenpreisen vergleichbar.

Darüber hinaus handelt es sich um ein Internetangebot. Hierauf kann ein Geschädigter nach Auffassung des erkennenden Gerichts nicht verwiesen werden. Darüber hinaus ist die Mietzeit von vorneherein festgelegt, was bei der Reparatur eines Unfallfahrzeugs, bei der die benötigte Zeit nicht immer von vorneherein feststeht, problematisch sein kann. Ferner ist zur Anmietung eine Kreditkarte oder die Stellung einer Barkaution erforderlich. Beides ist dem Geschädigten nach Auffassung des erkennenden Gerichts nicht zuzumuten. Dies liegt bei der Stellung einer Barkaution auf der Hand. Auch kann von einem Geschädigten nicht verlangt werden, dass er in Zeiten hoher Internetkriminalität seine Kreditkartendaten im Internet angibt und sich hierdurch einem Missbrauchsrisiko aussetzt (vgl. hierzu OLG Köln, Urteil vom 18.8.2010, Az.: 5 U 44/10). Zudem liegt es gerade bei Unfällen nahe, dass die Geschädigten sich zur Abdeckung etwaiger weiterer, nicht ohne weiteres vorhersehbarer Kosten ein etwa noch nicht ausgeschöpftes Kreditkartenlimit offenhalten wollen und daher zunächst von dem Einsatz ihrer Kreditkarten absehen, wenn ihnen durch ein Mietwagenunternehmen die Möglichkeit eingeräumt wird, ein Unfallersatzfahrzeug ohne Einsatz ihrer Kreditkarte anzumieten (OLG Köln, Urteil 8.11.2011, Az.: 1-15 U 54/11). Derartige Internetangebote stellen im Übrigen einen Sondermarkt dar, der nicht ohne weiteres mit dem allgemeinen regionalen Mietwagenmarkt vergleichbar ist (LG Bonn, Urteil vom 18.7.2011, Az.: 1 O 78/11; Landgericht Mönchengladbach, Urteil vom 6.8.2010, Az.: 5 S 111/09).

Aber auch das Angebot der Firma Enterprise ist nicht geeignet, die Angemessenheit der vorliegenden Mietwagenkosten zu erschüttern. Auch wenn der Anmietzeitraum dort identisch ist mit dem tatsächlichen Anmietzeitraum, muss sich der Geschädigte nicht auf dieses Angebot verweisen lassen. Es ist bereits nicht ersichtlich, ob es sich um Preise handelt, die nur online verfügbar gewesen wären und unter welchen Bedingungen die Anmietung zu diesem Tarif hätte erfolgen können. Selbst wenn jedoch ein Fahrzeug in einer vergleichbaren Situation bei der Firma Enterprise damals zu dem angegebenen Preis verfügbar gewesen wäre, handelt es sich um einen einzelnen Anbieter, welcher die Schwackeliste nicht zu erschüttern vermag. Der Geschädigte ist im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht nicht verpflichtet, durch aufwändige Recherche das günstigste Angebot in Erfahrung zu bringen und dort das Fahrzeug anzumieten. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass ihm dieses Angebot bekannt war oder er es hätte kennen müssen. Aus dem Angebot eines einzelnen Unternehmens kann nicht gefolgert werden, dass der zur Schadensbehebung erforderliche maßgebliche Normaltarif zum Zeitpunkt der Anmietung deutlich günstiger gewesen sein könnte als der Modus des Schwacke-Mietpreisspiegels und es dem Geschädigten problemlos möglich gewesen wäre, ein Fahrzeug zu diesem Preis anzumieten.

Hiergegen spricht auch nicht die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 18.12.2012, Az.: VI ZR 316/11. Wie der Bundesgerichtshof ausgeführt hat, ist die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters. Der Tatrichter ist weder gehindert, seiner Schadensschätzung die Schwacke-Liste noch den Fraunhofer-Mietpreisspiegel zugrunde zu legen, er muss jedoch dann die Eignung der Listen und Tabellen klären, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der Schätzgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfang auswirken (vgl. Urteil des BGH vom 18.12.2012). Der BGH hat nur eine Auseinandersetzung mit dem Vortrag gefordert; er hat jedoch kein Ergebnis dieser Auseinandersetzung vorgegeben. Die von der Beklagten eingereichten Anfragen sind aus den genannten Gründen nicht geeignet, die Schwacke-Liste als Schätzgrundlage zu erschüttern.

Anzuwenden ist grundsätzlich der Schwacke Automietpreisspiegel für das Unfalljahr, also die des Jahres 2013. Anzusetzen ist in ständiger Rechtsprechung des erkennenden Gerichts der Moduswert bzw., wenn der wie hier nicht vorliegt, das arithmetische Mittel. Die gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlichen Mietwagenkosten konnten somit nach dem Schwacke-Mietpreisspiegel unter Berücksichtigung der Wochen- und Tagespauschale, jeweils bezogen auf das Postleitzahlengebiet des Geschädigten, geschützt werden. Bei der Anwendung der Schwacke-Liste für die Schätzung nach § 287 ZPO ist abzustellen auf den Anmietort (PLZ-Gebiet ersten drei Ziffern) und auf die für den Zeitraum der Anmietung günstigste Tarif-Kombination unter Berücksichtigung des arithmetischen Mittelwertes. Bei der Schätzung sind nach ständiger Rechtsprechung des Amtsgerichts Köln die sich bei mehrtägiger Vermietung ergebenden Reduzierungen nach Wochen-, Dreitages- und Tagespauschalen zu berücksichtigen. Dabei bleibt nicht unberücksichtigt, dass die Anmietdauer im Vorhinein nicht feststeht. Es ist nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen, dass die Reduzierungen stets nur dann gewährt werden, wenn die Anmietdauer vorher festgelegt wurde.

Es ergibt sich folgende Abrechnung:

1 x Wochenpauschale zu                      629,50 €
2 x Tagespauschale zu je 123,50 €        247,00 €
Gesamt                                               876,50 €


Da der Geschädigte ein gruppenniedrigeres Fahrzeug anmietete, ist kein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen vorzunehmen.

Es besteht außerdem ein Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Zustellung und Abholung des Fahrzeugs, die in der an den Geschädigten adressierten Rechnung aufgeführt sind. Die Abholung ist auch bereits in dem von der Geschädigten unterzeichneten Mietvertrag enthalten. Ferner hat die Klägerin konkret zu Zustellung und Abholung vorgetragen. Anhaltspunkte dafür, dass eine Zustellung und Abholung nicht erfolgt wären, bestehen nicht. Wie die Geschädigte sonst zu dem Mietfahrzeug hätte gelangen sollen bzw. weshalb sie nicht auf eine Zustellung und Abholung angewiesen gewesen sein sollte, hat auch die Beklagte nicht dargelegt. Es ergibt sich laut Schwacke ein Ersatzanspruch von jeweils € 23,00, insgesamt € 46,00.

Weiterhin sieht das Gericht die Kosten für die Haftungsreduzierung mit einer Selbstbeteiligung von 0 Euro in Höhe von € 199,26 (9 x € 22,14) gemäß Schwacke als ersatzfähig an. Kaskokosten sind grundsätzlich erstattungsfähig, soweit diese nicht schon in die Werte der Schwacke-Liste eingepreist sind. Dies gilt unabhängig davon, ob das Fahrzeug des Geschädigten in gleicher Weise versichert war, wenn der Geschädigte während der Mietzeit einem erhöhten wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt ist (OLG Köln, Urteil vom 30.7.2013, Az.: 15 U 212/12). Dies ist der Fall, da das Risiko der erneuten Verwicklung in einen insbesondere allein oder jedenfalls mitverschuldeten Schadensfall mit dem angemieteten Fahrzeug als erheblich und ebenfalls unfallbedingt anzusehen ist (OLG Köln, a.a.O.). Der Geschädigte muss es grundsätzlich nicht hinnehmen, für den Schadensfall mit einer eingepreisten Selbstbeteiligung von € 500,00 belastet zu werden (LG Köln, Urteil vom 7.1.2014, Az.: 11 S 191/13). Dies gilt insbesondere hier, da der Geschädigte für das verunfallte Fahrzeug unbestritten eine niedrigere Selbstbeteiligung vereinbart hatte. Der Geschädigte verstößt dabei nicht gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, auch wenn zur weiteren Absenkung des Selbstbehalts nicht unwesentliche Summen aufgewendet werden, die teilweise über dem vereinbarten Selbstbehalt liegen. Denn ebenso wie die Kosten für die Reduzierung der Selbstbeteiligung mit der Dauer der Anmietung ansteigen steigt auch die Gefahr, mit dem Mietfahrzeug einen Unfall zu erleiden. Auch ist zu berücksichtigen, dass die Möglichkeit besteht, dass der Geschädigte mehrere Unfälle erleiden könnte, bei denen die Selbstbeteiligung mehrfach anfallen würde. Der Geschädigte muss sich nicht selbst mit Kosten belasten oder der Gefahr einer eigenen Kostenerstattung aussetzen, um die Kosten für den Schädiger geringer zu halten (LG Köln, Urteil vom 20.05.2014, 11 S 336/13). Dass eine Haftungsreduzierung in dieser Höhe vereinbart wurde, ist an der Rechnung zu erkennen. Anhaltspunkte dafür, dass etwas aufgeführt ist, das nicht vereinbart wurde, liegen nicht vor.

Ferner sind dem Geschädigten Kosten für Winterreifen zu erstatten. Das einfache Bestreiten der Beklagten, dass Winterreifen an dem Mietfahrzeug angebracht waren, ist angesichts dessen, dass diese in der Rechnung aufgeführt sind, und angesichts des Umstands, dass die Anmietung im März erfolgte und die Klägerin hierzu auch näher vorgetragen hat, unbeachtlich. Anhaltspunkte dafür, dass in der Rechnung falsche Positionen aufgeführt sind, bestehen nicht, insbesondere unter Berücksichtigung der Jahreszeit der Anmietung. Ferner hat die Klägerin eine Anschaffungsrechnung diesbezüglich vorgelegt. Im Anschluss an das Urteil des Bundesgerichtshof vom 5.3.2013, Az.: VI ZR 245/11, sieht das erkennende Gericht Kosten für Winterreifen als erstattungsfähig an (so auch OLG Köln, Urteil vom 30.7.2013, Az.: 15 U 212/12; LG Köln, Urteil vom 13.8.2013, Az.: 11 S 374/12). Da diese bzw. zwei Reifensätze nicht zur Erstausstattung gehören, muss der Vermieter Zusatzkosten für den Kauf und außerdem für die Lagerung aufwenden, die in den in Rechnung gestellten Kosten für  die Mieter ihren Niederschlag finden. Es ergeben sich Kosten von € 10,00 pro Tag, insgesamt € 90,00.

Schließlich sind die Kosten für den Zusatzfahrer in Höhe von € 12,00 pro Tag, das Navigationsgerät in Höhe von € 9,56 pro Tag, die Winterreifen in Höhe von 10,00 Euro pro Tag und das Zustellen und Abholen des Fahrzeugs zu je 23,00 Euro ersatzfähig. Zu diesen Zusatzleistungen hat die Klägerin substantiiert vorgetragen, auch ergeben sich die Vereinbarungen aus der von der Geschädigten unterzeichneten Zahlungsanweisung. Die vorgelegte Abtretungs- und Zahlungsvereinbarung durchaus geeignet, die entsprechenden Vereinbarungen zu substantiieren. Aus dieser Vereinbarung lässt sich deutlich erkennen, dass zwischen den Parteien folgende Zusatzvereinbarungen getroffen worden sind: VK SB 0, Navi, 2. Fahrer, Zustellen und Abholen. Dies ist jeweils durch einen Strich über der entsprechenden Position gekennzeichnet worden. Diese Vereinbarung ist von dem Geschädigten unterzeichnet worden. Darüber hinaus ist die entsprechende Rechnung, die ebenfalls die oben genannten Zusatzleistungen enthält, an den Geschädigten adressiert und geschickt worden, ohne dass dieser die Fehlerhaftigkeit der aufgeführten Positionen moniert hätte. Demnach hat das Gericht keinerlei Anlass, an einer entsprechenden Vereinbarung zu zweifeln.

Auf den Gesamtanspruch von 1.403,82 € (Normaltarif 876,50 €, Haftungsreduzierung 199,26 €, Zustellung/Abholung 46,00 €, Zusatzfahrer 108,00 €, Winterreifen 90,00 €, Navigationssystem 84,06 €) hat die Beklagte 525,00 € gezahlt. Es verbleibt ein maximal zu erstattender Betrag von 878,82 €. Der von der Klägerin geltend gemachte Betrag von 426,82 € ist daher voll erstattungsfähig.

Der Anspruch auf die zugesprochenen Zinsen folgt aus dem Gesichtspunkt des Verzuges, §§ 286ff BGB.

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Bedeutung für die Praxis: Die Begründung der Anwendung der Schwackeliste zeigt viele überzeugende Argumente auf, die man nicht so häufig liest, denen aber eine große Überzeugungskraft zuzuschreiben ist. Da ist zunächst der intensive Blick auf die Schwacke-Methode und der mehrmalige Hinweis, dass der BGH diese Methode gesehen und positiv bewertet hat. Daneben verweist das Gericht darauf, dass Schwacke die verwendeten Werte intensiv geprüft hat, um eventuellen Manipulationen zu begegnen. Und schließlich verweist das Gericht darauf, dass sämtliche Aussagen zu unerklärlichen Preissteigerungen und Preisüberhöhungen nicht nachvollziehbar sind. Neben dem Blick auf die Schwackeliste diskutiert das Gericht die Argumente der Beklagten sehr intensiv. Die bekannten allgemeinen Kritikpunkte an der Fraunhoferliste werden verwendet. Zu vorgelegten Internetscreenshots weist das Gericht auf deren Nichtvergleichbarkeit hin und begründet das konkret. Bemerkenswert ist die Erkenntnis, dass auch ein Angebot, dessen Bedingungen auf den Fall passen würden (Zeitpunkt, Anmietort, Leistungsumfang), ja nur ein einzelnes Mietwagenangebot eines einzigen Anbieters ist und es deshalb alleine keinesfalls geeignet ist, eine Liste mit einer Menge von Angeboten und Preisen und den daraus gebildeten Mittelwert zu erschüttern.