Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 50-15

 

Amtsgericht Rostock 44 C 291/15 vom 01.12.2015

1. Der Schadenersatzverpflichtete hat den Zustand herzustellen, als wäre der Schaden nicht eingetreten.
2. Das Gericht zieht zur Schätzung des erforderlichen Betrages für Ersatzmobilität den Automietpreisspiegel von Schwacke heran.
3. Die Klärung der Eignung einer Schätzgrundlage ist nur dann vorzunehmen, wenn sich geltend gemachte Mängel erheblich auf den konkreten Fall auswirken. Ein Verweis auf Fraunhofer ist kein konkreter Sachvortrag.
4. Gegen Fraunhofer bestehen außerdem Bedenken wegen einer PLZ-Vergröberung (kein regionaler Markt), der Konzentration auf Internetangebote und der Anwendung einer erheblichen Vorbuchungsfrist.
5. Auch die vorgelegten Internetangebote stellen keine vergleichbaren Angebote dar.
6. Da der zugrundeliegende Preis einem Normaltarif entspricht, ist dem Geschädigten keine Erkundigungspflicht nach günstigeren Angeboten zu unterstellen.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht verweist auf die Rechtsprechung des OLG Rostock und wendet nach Prüfung der Argumente der Beklagten die Schwackeliste-Automietpreisspiegel zur Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten an.

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Amtsgericht Rostock 44 C 291/15 vom 01.12.2015

Im Namen des Volkes



Urteil



In dem Rechtsstreit

XXX

gegen

XXX


hat das Amtsgericht Rostock durch die Richterin am Amtsgericht XXX am·26.11.2015 ohne mündliche Verhandlung gemäß·§ 495a ZPO für Recht erkannt:

1.    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 461,34 € sowie weitere 78,90 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.02.2015 zu zahlen.

2.    Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3.    Das Urteil Ist vorläufig vollstreckbar.



Tatbestand



Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 313 a ZPO abgesehen.



Entscheidungsgründe



Die zulässige Klage ist begründet.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung restlicher Mietwagenkosten und Nebenkosten gem. §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 VVG i. v. m. §§ 249 ff. BGB in voller Höhe zu.

Die Haftung aus dem Verkehrsunfallereignis vom 08.01.2015 in Rostock, Albert-Einstein-Straße, den die Beteiligte XXX mit dem Fahrzeug XXX, welches bei der Beklagten haftpflichtversichert ist, allein verursacht und verschuldet hat, ist unstreitig.

Auch die geltend gemachten Mietwagenkosten sind vollumfänglich für den Zeitraum vom 08.01.2015 bis 16.01.2015 erstattungsfähig.

Unstreitig ist das verunfallte Fahrzeug Ford Focus C-Max Fun, 74 kW, 1598 cm³ der Fahrzeugklasse 5 zuzuordnen.

Gem. § 249 Abs. 1 BGB hat der zum Schadenersatz Verpflichtete den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wen der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Ist wegen der Verletzung einer Person oder der Beschädigung einer Sache Schadenersatz zu leisten, so kann der Geschädigte gem. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Dementsprechend kann derjenige, der sein Fahrzeug in Folge des schädigenden Ereignisses nicht nutzen kann, grundsätzlich Ersatz der für die Anmietung eines gleichwertigen Fahrzeuges entstehenden Kosten beanspruchen. Dabei hat der Geschädigte auch das gem. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB bestehende Wirtschaftlichkeitsgebot zu beachten. Dabei hat der Geschädigte im Rahmen des ihm Zumutbaren stets den wirtschaftlichsten Weg der Schadensbehebung zu bilden. Für den Bereich der Mietwagenkosten bedeutet das, dass er Ersatz nur derjenigen Kosten verlangen kann, die ein verständiger wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten zum Ausgleich des Gebrauchsentzugs seines Fahrzeuges für erforderlich halten durfte (BGH, Urteil vom 27.03.2012, Aktenzeichen VI ZR 40/10, zitiert nach juris;).

Dabei liegt die Bemessung der Höhe eines Schadenersatzanspruches im tatrichterlichen Ermessen gem. §§ 287 ZPO. Vorliegend zieht das Gericht den Automietpreisspiegel von „Schwacke“ heran. Die Art der Schätzungsgrundlage ist gesetzlich nicht vorgegeben, so dass das erkennende Gericht zur Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten auf vorhandene Listen oder Tabellen zurückgreifen kann. Die jeweilige Eignung dieser Tabellen oder Listen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, bedarf nur dann einer Erklärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass sich geltend gemachte Mängel der Schätzungsgrundlage auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfange auswirken. Dabei ist ein Verweis auf die Fraunhofer Liste nicht ausreichend, um Zweifel an der Eignung der Schwackeliste als Schätzungsgrundlage zu begründen (BGH, Urteil vom 12.04.2012, Aktenzeichen VI ZR 300/09).

Das Gericht hat dabei nicht verkannt, dass die Erhebung der Daten für die „Fraunhofer Liste" auf einer anonymen Befragung beruht und von diesem Ansatz her gegenüber der „Schwackeliste" zunächst vorzugswürdig erscheint. Andererseits spricht jedoch gegen die generelle Übernahme der Ergebnisse des Fraunhofer Institutes, dass die Untersuchungen mit der Differenzierung nach zwei Ziffern der Postleitzahlen bei Weitem nicht so breit gestreut sind, wie sie es bei den nach drei Postleitzahlengebieten strukturieren Ermittlungen von Schwacke gewesen sind. Außerdem beziehen sich die Untersuchungen des Fraunhofer ·Institutes auf hauptsächlich sechs Internetanbieter. Den Bedürfnissen des Marktes eher entsprechend ist es, Preise einzuholen, die breitgestreut sind, möglichst ortsnah und auch unter der Prämisse eingeholt werden, dass der Wagen sofort und nicht erst demnächst zur Verfügung gestellt wird. Die Gesamtbetrachtung führt daher nicht zu dem Ergebnis, dass dem Schwacke-Automietpreisspiegel die Grundlage als im Rahmen des § 287 ZPO geeigneten Schätzungsmaßstabes entzogen werden muss (vgl. OLG Rostock, Urteil vom 23.05.2014, Aktenzelchen 5 U 96/12, Rn. 24, zitiert nach juris).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte Mietwagenpreise aufgelistet hat, die günstiger erscheinen. Die vorgelegten Angebote stellen keine vergleichbaren Angebote im Hinblick auf den Zeitraum der Anmietung und der sofortigen Verfügbarkeit dar. Des Weiteren sind sie nicht insoweit offen, als dass die Frage, wie sich die Preise verhalten, wenn bei Anmietung das Mietende offen ist, ungeklärt bleibt.

Auch die Nebenkosten wie die Haftungsbefreiung, Zustellung und Abholung, die Kosten für den 2. Fahrer sind zu ersetzen (vgl. bspw. AG Koblenz, Urteil vom 13.04.2015, Aktenzeichen 411 C 3756/14, Rn.20).

Da vorliegend kein Unfallersatztarif geltend gemacht wird, sondern Mietwagenpreise, die, wie bereits dargelegt, dem ortsüblichen Normaltarif zum Zeitpunkt der Anmietung entsprechen, bestand eine Pflicht zur Erkundigung nach günstigeren Tarifen bei der Geschädigten nur, wenn und soweit sich aus der Höhe des angebotenen Tarifs für einen vernünftigen und wirtschaftlich denkenden Geschädigten Zweifel an dessen Angemessenheit ergeben hätten. Vorliegen entsprachen die geltend gemachten Preise nach den Ausführungen hier aber gerade dem ortsüblichen Preisniveau, so dass die geschädigte Klägerin keine weiteren Nachforschungen betreiben musste (OLG Dresden, Beschluss vom 29.06.2009, Aktenzeichen 7 U 499/09).

Auch die geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten kann die Klägerin ersetzt verlangen.

Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag besteht keine Rechtschutzversicherung auf Seiten der Klägerin. Gem. § 249 BGB können die  vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten ersetzt werden, selbst wenn die Geschädigte selbst eine Zahlung noch nicht getätigt hat. Da es sich vorliegend um einen Schadenersatzanspruch handelt, ist dieser gem. § 271 BGB sofort mit dem Schadensereignis zur Zahlung fällig. Der Geschädigten steht von vornherein ein Anspruch auf Zahlung des erforderlichen Geldbetrages zu. Spätestens durch den Klageabweisungsantrag liegt auch. eine Zahlungsverweigerung der Beklagten vor, sodass sich ein eventueller Freistellungsanspruch spätestens in dem Moment in einen Zahlungsanspruch umgewandelt hat.

Zinsen: §§ 286, 288 Abs. 2, 280 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

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Bedeutung für die Praxis: Das Gericht prüft den Vortrag der Beklagten und weist ihn als unsubstantiiert zurück. Die von der Beklagten - neben Vortrag pro Fraunhofer - aufgezeigten Internetangebote werden als nicht vergleichbar zurückgewiesen, vor allem wegen des offenes Mietendes, mit dem die tatsächliche Anmietung erfolgte. Weitere Gründe: Ein anderer Zeitraum lässt die Frage nach den Gegebenheiten zum Anmietzeitraum offen und es bleibt unklar, ob diese Anbieter aus den Internetscreenshots zum Anmietzeitpunkt überhaupt leistungsfähig gewesen sind.

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