Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 40-15

Landgericht Berlin 41 S 218/14 vom 15.09.2015, Beschluss

1. Das Berufungsgericht beanstandet die erstinstanzliche Schätzung anhand des Schwacke Automietpreisspiegels nicht.
2. Das Erstgericht hat die Einwendungen der Beklagten berücksichtigt.
3. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens ist abzulehnen.
4. Schwacke berücksichtigt in Erhebungen ab 2008 insbesondere auch Mietwagen-Tarife aus dem Internet.
5. Die Anwendung der Schwackeliste Automietpreisspiegel ist gerade auch in Kenntnis der Unterschiede zu anderen Listen BGH-konform.
6. Sich auf den Fall erheblich auswirkende konkrete Mängel der angewendeten Schätzgrundlage hat die Beklagte nicht vorgetragen.

Zusammenfassung: Auch die 41. Kammer des Landgerichtes Berlin bleibt bei seiner Auffassung, dass die Schwackeliste-Automietpreisspiegel eine verwendbare Schätzgrundlage bleibt. Das Gericht geht in seinem Beschluss konkret auf den Vortrag der Beklagten ein und weist ihn in seinem Beschluss als unsubstantiiert zurück.

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Landgericht Berlin 41 S 218/14 vom 15.09.2015
(Vorinstanz Amtsgericht Mitte 108 C 3132/13)



Beschluss



In dem Rechtstreit

XXX

gegen

XXX


hat die Zivilkammer 41 des Landgerichts Berlin am 15.09.2015 durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht XXX, die Richterin am Amtsgericht XXX und den Richter am Landgericht XXX beschlossen:

Die Kammer beabsichtigt, die Berufung der Beklagten durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Die Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von zwei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses.


Gründe



I.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung hat nach einstimmiger Überzeugung des Berufungsgerichts offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

Das angefochtene Urteil ist gemäß § 513 Abs. 1 ZPO durch das Berufungsgericht nur darauf zu überprüfen, ob dem Erstgericht ein Rechtsfehler unterlaufen ist oder ob auf Rechtsfehlern beruhende Irrtümer in der Tatsachenfeststellung die Entscheidungsfindung beeinflusst haben. Beides vermag das Gericht nach eingehender Beratung und umfassender Prüfung der Sach- und Rechtslage sowie der einzelnen Argumente der Beklagten nicht festzustellen.

Es ist durch das Berufungsgericht nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht die Höhe der berechtigten Mietwagenkosten gemäß § 287 ZPO nach dem Schwacke Automietpreisspiegel geschätzt hat. Das Amtsgericht hat die Einwendungen gegen die Schwacke-Liste als Schätzgrundlage berücksichtigt und musste kein Sachverständigengutachten einholen. Die vom Amtsgericht vorgenommene Schätzung ist auch angesichts des Zeitraums zwischen Unfalltag (12.1.) und Anmietung (31.1.) zulässig. Ein Vergleich hat bei diesem Zeitraum nicht bereits notwendigerweise Tarife mit Vorbuchungsfristen zu berücksichtigen. Das Amtsgericht hat bei der Ausübung des Ermessens gemäß § 287 ZPO in zulässiger Weise diesen Mietpreisspiegel, der in den Erhebungen ab 2008 insbesondere auch Internettarife berücksichtigt (vgl. auch BGH vom 19.01.2010 -·VI ZR 112/09, NZV 2010, 239 ff.), angewandt. Dieser stellt - ebenso wie der von der Beklagten bevorzugte Fraunhofer-Mietpreisspiegel - nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine geeignete Schätzgrundlage dar und zwar gerade in Kenntnis ihrer Unterschiedlichkeit (vgl. Urteil vom 18.05.2010 - VI ZR 293/08, NJW-RR 2010, 1251; Urteil vom 12.04.2011 - VI ZR 200/09, NJW 2011, 1947). Dass über die hinlänglich bekannten Argumente hinausgehende - aus Sicht der Beklagten - weitere Mängel der Schätzgrundlage sich hier auf den zu entscheidenden Fall im erheblichen Umfang auswirken (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 17.05.2011 - VI ZR 142/10, NJW-RR 2011, 431), hat die Beklagte mit konkretem Sachvortrag nicht ausreichend dargetan. Zwar kann der Schädiger auch darlegen, dass es sich bei den von ihm aufzuzeigenden konkreten Alternativangeboten um den ortsüblichen Normaltarif für Selbstzahler im maßgebenden Anmietungszeitraum am Anmietungsort und etwa nicht um kurzfristige Sonderangebote handelt. Eine solche Darlegung ist hier jedoch nicht erfolgt.

Nach dem - wie die Beklagten einwenden - richtigerweise zu berücksichtigenden Mietpreisspiegel 2011 ergeben sich folgende Werte (Gruppe 7, Plz 141, Normaltarif):

Mietpreis (702,61 EUR/Woche ./. 7 x 10 Tage)       1.003,73 EUR
Vollkaskoschutz 10 Tage x 26 , 12 EUR                     261,20 EUR
Winterreifen 10 Tage x 12,19 EUR                             121,90 EUR
Zusatzfahrer 10 Tage x 13,77 EUR                           137,70 EUR
Navigation 10 Tage x 9,55 EUR                                   95,50 EUR
Gesamt                                                                   1.620,03 EUR

Die Mietkosten in Höhe von 1.250,00 EUR sind danach ersatzfähig. Die Nebenkosten ergeben sich bei der Anwendung des Schwacke Mietpreisspiegels aus den Tabellen der Veröffentlichung, dabei auch zur Vollkaskoversicherung mit einem Selbstbehalt von 1.000,00 EUR. Unstreitig wurden dem Geschädigten die vorstehenden Zusatzleistungen gewährt und nicht gesondert ausgewiesen, weil sie bereits Bestandteil der Mietpreiskalkulation der Klägerin sind. Ein Abzug wegen ersparter Eigenkosten war nicht zu machen, da ein klasseniedrigeres Fahrzeug angemietet worden ist.

Aus der Rechtsprechung des Kammergerichts vom 8.5.2014 - 22 U 119/13 - ergibt sich des Weiteren nach Auffassung der hiesigen Kammer nicht, dass die vom Amtsgericht vorgenommene Ermessensausübung unzulässig wäre oder auf falschen Grundlagen beruhe.

II.
Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung des Berufungsgerichts ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich; eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 3 und 4 ZPO).

Eine Rücknahme der Berufung würde gegenüber einer Entscheidung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zwei Gerichtsgebühren sparen (Ziffern 1220, 1222 KV zu § 3 Abs. 2 GKG).

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Bedeutung für die Praxis: Trotz unverminderter Angriffe der Haftpflichtversicherer auf die Berliner Schwacke-Rechtsprechung bleibt auch diese Berufungskammer bei seiner Auffassung.