Erstattung der Kosten für Ersatzmietwagen nach Unfall mit gewerblich zugelassenem Fahrzeug

In vielen Fällen sind auch gewerblich zugelassene Fahrzeuge nach einem Unfall beschädigt und die Firma benötigt ein Ersatzfahrzeug. Sofern der Gegner als Versursacher feststeht und Schadenersatz zu leisten hat (Haftpflichtschaden), stellt sich die Frage, ob auch der "gewerbliche Geschädigte" einen Ersatzwagen anmieten kann und dem Schädiger diese Kosten auferlegt werden können.

Auch wenn der BGH hierzu noch keine abschließenden Festlegungen getroffen zu haben scheint, geht er erkennbar davon aus, dass der gewerbliche Geschädigte grundsätzlich mindestens den "entgangenen Gewinn" geltend machen kann. Daneben kommen eine Nutzungsausfallentschädigung und die Kosten eines Mietwagens in Frage.

Ob der geschädigte Gewerbebetrieb Mietwagenkosten als Schaden geltend machen kann, hängt wie so oft vom Einzelfall ab. Als entscheidend wird die Antwort auf die Frage nach den eigentlichen wirtschaftlichen Interessen des Gewerbebetriebes angesehen. Sofern davon ausgegangen werden kann, dass nur mit der Anmietung eines Ersatzwagens der Eintritt eines weiteren direkten oder indirekten Schadens beim Gewerbebetrieb zu vermeiden ist, ist die Ersatzanmietung als erforderlich anzusehen.

Versicherer wenden hinterher sehr oft pauschal ein, es sei nur ein Gewinnentgang zu erstatten (und hierzu sei zudem erst einmal intensiver Vortrag zu internen Kosten- und Ergebniskalkulationen zu erbringen). Das ist so nicht mit der Rechtsprechung des BGH zu vereinbaren, denn einen direkten Vergleich von Gewinnentgang und erforderlichen Kosten der Ersatzmobilität sieht der BGH nicht vor. Die Gesamtbetrachtung der schützenswerten wirtschaftlichen Interessen des Geschädigten kann - sofern hierzu ausreichend vorgetragen wird - zur Erstattungspflicht für Mietwagenkosten führen.

Die wirtschaftlichen Interessen sind im Einzelfall darzustellen und deshalb hier einmal näher zu hinterfragen. Allgemein kann die Frage stellt werden, ob der Gewerbebetrieb Verpflichtungen Dritten gegenüber nachzukommen hat, deren Nichterfüllung direkte Schadenersatzzahlungen auslösen könnte oder langfristig wirkende negative Effekte auf den Markterfolg des Unternehmens nach sich ziehen könnte (Verschlechterung der Reputation, direkter Kundenverlust, Ausschluss aus zukünftigen Ausschreibungsverfahren, negative Bewertungen der Zuverlässigkeit bei Kunden,..).

Beispiele:

Ein Taxiunternehmen (BGH, Az. VI ZR 20/93, Urteil vom 19.3.1993) kann wegen eines hohen langfristigen Risikos, viele Stammkunden zu verlieren, auf ein Ersatzfahrzeug angewiesen sein und weit über dem Gewinnentgang liegende Ersatzfahrzeugkosten können somit gerechtfertigt sein.

Ein Abschleppunternehmen kann Kosten für ein Ersatzfahrzeug geltend machen, wenn die Nichterfüllung vertraglicher Verpflichtungen oder einfach das zeitweise Nichtanbieten gegenüber Polizei, Straßenbaulastträgern oder Großkunden langfristige Beeinträchtigungen der Marktaussichten erwarten lassen.

Handwerksbetrieben oder anderen Unternehmen, deren zeitweise Einstellung der Tätigkeiten (ohne Fahrzeug keine Leistung) zu wirtschaftlichen Nachteilen über den konkreten entgangenen Gewinn hinaus führen könnten, ist der Verzicht auf einen Ersatzwagen nicht zuzumuten. Zum Beispiel könnten Kunden in Zukunft an deren Zuverlässigkeit zweifeln, Folgekosten wegen Terminüberschreitungen drohen (ist ggf. aus vertraglichen Vereinbarungen, Ausschreibungen oder Leistungsbeschreibungen zu entnehmen) oder Lagerschwierigkeiten bei mangelndem Abtransport entstehen. Sofern der Gewerbebetrieb in komplizierte logistische Prozesse eingebunden ist, kann der zeitweise Ausstieg vom Markt in einem Projekt erhebliche Folgekosten entstehen lassen. So werden Materialen oder Bauteile und deren Montage oft benötigt, um an einem Bauwerk voranzukommen.

Der Vermieter sollte sich in solchen Fällen fragen, ob der Geschädigte wohl einen Anspruch auf ein Ersatzfahrzeug untermauern kann. Eine direkte Aufklärungspflicht dazu obliegt ihm aber wohl eher nicht.

Zu den grundsätzlichen Überlegungen der BGH (a.a.O.):

"Die nach § 249 Satz 1 BGB geschuldete Wiederherstellung des ohne das Schadensereignis bestehenden Zustandes kann beim schadensbedingten Ausfall eines Kraftfahrzeugs, unabhängig davon, ob dieses privat oder gewerblich genutzt wird, in der Regel am ehesten dadurch erfolgen, daß der Geschädigte ein Ersatzfahrzeug anmietet, wobei der Schädiger die hierdurch entstehenden Kosten zu ersetzen hat (§ 249 Satz 2 BGB). Die Grenze, bis zu der in solchen Fällen Naturalrestitution durch Anmietung eines Ersatzwagens verlangt werden kann, wird durch § 251 Abs. 2 BGB bestimmt. Hiernach tritt erst dann Wertersatz, hier die Verweisung des Geschädigten auf Ersatz des entgangenen Gewinns, an die Stelle der Wiederherstellung, wenn letztere nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist. Bei der Beurteilung, ob im Einzelfall von einer solchen Unverhältnismäßigkeit auszugehen ist, kommt zwar dem Vergleich zwischen den Mietkosten für das Ersatzfahrzeug einerseits und dem bei Verzicht auf die Anmietung drohenden Verdienstausfall andererseits durchaus Bedeutung zu; es handelt sich hier aber nur um einen unter einer Mehrzahl von Gesichtspunkten innerhalb der anzustellenden Gesamtbetrachtung des Interesses des Geschädigten an der ungestörten Fortführung seines Betriebes. Denn in gleicher Weise sind auch dessen sonstige schutzwürdige Belange zu berücksichtigen, etwa sein Anliegen, den guten Ruf seines Betriebes nicht zu gefährden, mit vollem Wagenpark disponieren zu können, die Kapazität der verbliebenen Fahrzeuge nicht übermäßig beanspruchen zu müssen etc. Die Grenze des § 251 Abs. 2 BGB ist nicht schon dann überschritten, wenn die Kosten für die Inanspruchnahme eines Mietwagens den ansonsten drohenden Gewinnausfall (sei es auch erheblich) übersteigen, sondern erst dann, wenn die Anmietung des Ersatztaxis für einen wirtschaftlich denkenden Geschädigten aus der maßgeblichen vorausschauenden Sicht unternehmerisch geradezu unvertretbar ist, was nur ausnahmsweise der Fall sein wird."