Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 12-15

Amtsgericht Nürnberg Az. 24 C 4756/13 vom 30.10.2013

1. Die Anlehnung der klägerischen Forderung an die Schwackeliste ist nicht zu beanstanden. Hierzu verweist das  Gericht  auf  die
    Rechtsprechung des zuständigen Berufungsgerichtes.
2. Eine Überlegenheit der Fraunhoferliste, welche ebenso wie die Schwackeliste auf Umfragen beruht und nicht so  differenziert  ist,
    erschließt sich nicht.
3. Konkrete Mängel der Schätzung anhand Schwackeliste, die - sich auf den Fall beziehende -  erhebliche  Auswirkungen  aufzeigen,  
    sind nicht aufgezeigt.
4. Aufgrund von Schwacke-Preiserhöhungen werden 17% Abschlag auf den Normaltarif vorgenommen.
5. Die Kosten für Winterreifen sind zu erstatten, weil der Vermieter  den  Mietwagen  mit  Winterreifen  ausgestattet  hatte  und  der
    Geschädigte sein Fahrzeug auch mit Winterreifen gefahren war. Die Verpflichtung zur Vermietung nur verkehrssicherer Fahrzeuge
    ändert daran nichts.
6. Der Eigenersparnis-Abzug wird mit 3 % als ausreichend angesehen, da der fortschreitende technische Fortschrift  die  Fahrzeuge
    langlebiger macht.

Zusammenfassung: Das Gericht verweist auf die ständige Rechtsprechung des Landgerichts  Nürnberg  und  schätzt  anhand  der Schwackeliste unter Abzug von 17 %. Kosten erforderlicher Nebenleistungen sind zu erstatten. 

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Amtsgericht Nürnberg
Az.: 24 C 4756/13 vom 30.10.2013


Im Namen des Volkes



Urteil



In dem Rechtsstreit

XXX

gegen

XXX

wegen Schadensersatz

erlässt das Amtsgericht Nürnberg durch die Richterin am Amtsgericht XXX am 30.10.2013 auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 18.09.2013 folgendes



Endurteil



1.    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.195,64 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 28.05.2013 zu bezahlen.

2.    Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3.    Das Urteil ist gegen vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die vorläufige Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


Beschluss



Der Streitwert wird auf 1.195,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um restliche Mietwagenansprüche aufgrund des Verkehrsunfalls vom 04.03.2013 in Nürnberg. Der Unfall ereignete sich zwischen dem Pkw der Klägerin und dem bei der Beklagten versicherten Pkw.

Unstreitig wurden auf die Mietwagenkosten 825,00 € bezahlt. Das Mietfahrzeug wurde der Klägerin zur Reparaturwerkstatt Fa. Auto XXX zugestellt und nach Reparaturende wieder abgeholt. Die Klägerin mietete das Mietfahrzeug für 21 Tage an.

Die Klagepartei verfolgt mit ihrer Klage restliche Mietwagenkosten.

Sie behauptet, der klägerische Pkw sei mit Winterreifen ausgestattet gewesen.

Die Klagepartei beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.195,64 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 28.05.2013 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt:

Klageabweisung.

Die Beklagte wendet sich gegen die Höhe der Mietwagenkosten. Sie ist der Ansicht, Winterreifen seien nicht zu erstatten.

Die Beklagte meint, es sei nicht nach der Schwacke-Mietpreisliste, sondern nach der Fraunhoferliste zu schätzen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.


Entscheidungsgründe



Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet.

Aufgrund der Rückabtretung ist die Klägerin aktiv legitimiert.

Die Klägerin kann von der Beklagten restliche Mietwagenkosten in Höhe von 1.195,64 € verlangen, da die von der Klägerin durchgeführte Berechnung auf BI. 4 der Klageschrift, auf die Bezug genommen wird, nicht zu beanstanden ist und der vom Gericht und Landgericht Nürnberg-Fürth zugrunde gelegten Schätzung nach der Schwackeliste folgt .

Wie sich aus der Bestätigung der Firma XXX Autovermietung (Anlage K13) überzeugend ergibt, stattet die Vermietfirma die Mietfahrzeuge mit Winterbereifung aus und der klägerische, beschädigte Pkw war ebenso mit Winterreifen ausgestattet.

Die Schwacke-Mietpreisliste weist einen eigenen Betrag für Winterreifen aus. Dies zeigt, dass bereits im Grundbetrag kein solcher Aufschlag einberechnet ist. Es ist durchaus plausibel und nachvollziehbar, dass für Winterreifen Zusatzkosten entstehen (erhöhter Lageraufwand; Umrüstkosten).

Daran ändert nichts, dass ein Mietwagen verkehrssicher ausgestattet sein muss (§ 2 IIIa S. 2 StVO, vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 23.04.2007, 14 U 34/07), denn die Frage der grundsätzlichen Ausstattung betrifft nicht die Frage, wer diese Ausstattung zu zahlen hat: Mit anderen Worten kann zwar der Kunde einen Mietwagen mit Winterreifen verlangen, dafür kann das Unternehmen dem Kunden die Mehrkosten in Rechnung stellen; Ob diese Kosten im Grundmietpreis enthalten oder gesondert ausgewiesen sind, ist Sache der vereinbarten Abrechnung. Das Gericht schätzt auf Basis der Schwacke-Mietpreisliste, diese Erhebung weist für Winterreifen (wie auch für Zusatzfahrer) einen gesonderten Rechnungsposten aus und bringt damit zum Ausdruck, dass der Markt üblicherweise eine gesonderte Verrechnung jeweils nur bei Anfall dieser Leistung in Rechnung stellt. Zudem wurde die angewandte Schätzgrundlage so erhoben, dass zum Grundpreis weitere Kosten gesondert ausgewiesen wurden. Schätz man auf der Basis dieser Schwacke-Mietpreisliste, dann hat eine Schätzung auf Basis der gesamten Liste und nicht nur eines Teiles zu erfolgen. Winterreifen sind somit, bei konkretem Anfall und konkreter Erforderlichkeit, gesondert zuzusprechen (vgl. hierzu auch LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 10.09.2008; Az. 8 S 6093/08: das Landgericht hat in dem Beschluss nach § 522 II ZPO darauf hingewiesen, dass keine Bedenken gegen eine Zuschätzung der Winterreifen nach der Schwacke-Liste bestehen).

Das Gericht schätzt die erforderlichen Mietwagenkosten nach § 287 ZPO auf der Basis der Schwacke-Mietpreisliste zum Anmietzeitraum (Modus).

Zugrunde zu legen war die Schwacke Liste 2012 für das PLZ-Gebiet 904 Modus für 21 Tage, Mietklasse 6.

Die Schwacke-Liste wird vom Gericht als taugliche Grundlage einer Schätzung erachtet. Es ist nicht ersichtlich, dass die Fraunhofer-Liste, die wie die Schwacke Liste auch auf Umfragen basiert, der Schwacke-Liste überlegen wäre, zumal die Schwacke-Liste wesentlich ausdifferenzierter ist. So umfasst die Fraunhofer-Liste im einstelligen Postleizahlengebiet weite Teile der Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg und Thüringen. Des Weiteren erfolgte die Anmietung unter einer Berücksichtigung einer einwöchigen Vorbuchungsfrist.

Der BGH hat wiederholt entschieden, dass in Ausübung des tatrichterlichen Ermessens nach § 287 ZPO der Normaltarif auf der Grundlage des Schwacke-Mietpreisspiegels im Postleitzahlengebiet des Geschädigten ermittelt werden kann, solange nicht mit konkreten Tatsachen Mängel der betreffenden Schätzgrundlage aufgezeigt werden, die sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken (BGH NJW 2008, 1519; NJW 2010, 1447) und er hat auch das Ansetzen einer 3 %igen Eigenersparnis nicht beanstandet (vgl. BGH vom 2. Februar 2010 - VI ZR 139/08).

Das Gericht schätzt den Abzug für die Eigenersparnis auf 3 %. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Landgerichts Nürnberg-Fürth. Soweit das Oberlandesgericht Nürnberg in dem Urteil vom 27.01.2009 (Aktenzeichen 1 U 1878/08) einen Abzug von 10 % für die Eigenersparnis berücksichtigt, mag das Gericht dieser Schätzung nicht folgen (vgl. aA auch OLG Nürnberg, VersR 2001, Seite 208: dort wurde die Eigenersparnis auf 3 % geschätzt unter Verweis auf die instruktiven Ausführungen des Prof. Dr. Meining in DAR 1993, S. 281 ff). Aufgrund der technischen Entwicklung ist ein geringerer Abzug für die Eigenersparnis vorzunehmen (vgl. Palandt-Heinrichs, § 249 Rn 32 m.w.N.), das Landgericht Nürnberg-Fürth geht in ständiger Rechtsprechung ebenfalls von einer Eigenersparnis von 3 % aus).

Nachdem die Schwacke-Liste 2012 erhebliche Preiserhöhungen gegenüber den vorherigen Jahren ausweist, zieht das Gericht zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung im Hinblick auf die Schwacke-Mietpreisliste 2011 die vom Landgericht angesetzten 17 % ab (vgl. Landgericht Nürnberg-Fürth, Az.: 8 S 4302/11).    •

Nachdem die Klägerin substantiiert vorgetragen hat, dass ihr der Wagen zur Reparaturwerkstatt zugestellt und abgeholt wurde, kann die Klägerin die Kosten für Zustellung und Abholung verlangen.

Der Anspruch auf Verzugszinsen ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 709 ZPO.

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Bedeutung für die Praxis: Das Amtsgericht Nürnberg zieht die Schwackeliste zwar der Fraunhoferliste vor. Doch der stereotype Abzug von 17 % vom Normaltarif kann nicht überzeugen. Dieser wird nur allgemein mit dem Verwies auf Preissteigerungen in der Schwackeliste begründet. Schaut man in die Schwackelisten 2010, 2011 und 2012 - das Gericht bezieht sich auf 2011 -, ergeben sich im PLZ-Gebiet 904 keine erheblichen Preissteigerungen, sondern eher Preissenkungen. Die Werte der Listen sind für Gerichte schwer zu durchschauen. Beispielfragen sind, ob die Haftungsreduzierung enthalten ist und ob Modus oder Mittelwert betrachtet werden. Sofern diese Preissteigerungen nicht vorliegen, reicht der Verweis auf die Einheitlichung der Rechtsprechung nicht aus, diesen willkürlich erscheinenden Abzug zu begründen.

 

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