Ist das "Fairplay" genannte Konzept der Allianz-Versicherung gescheitert?


Die Allianz-Versicherung und einige weitere Assekuranzen betreiben immer ausgeklügeltere Schadenmanagement-Systeme. Bei der Allianz heißt das vollmundig „Fairplay“. Das Ziel des Systems sei die einvernehmliche Abwicklung von Kfz-Schäden zwischen der Versicherung und vor allem den Reparaturbetrieben, "zum Wohle aller Beteiligten". Vermeintliche Vorteile für die Reparaturbetriebe werden vor allem in schnellerer Zahlung und weniger kritischer Regulierung gesehen. Ausdrücklich gehe es nicht darum, Rechte von Geschädigten auf freie Wahl von Anwalt und Sachverständigem zu beschneiden. Doch die Regeln gibt der Versicherer vor, zum Beispiel: Nur ohne Anwalt. Kritiker sehen genau das als wettbewerbsrechtlich bedenklich und für Geschädigte und Anwälte als erheblichen Nachteil. Denn die versprochene schnelle Abwicklung wird mit teilweise erheblichen Nachteilen erkauft. Wer weder Anwalt noch eigenen Sachverständigen zur Beurteilung des Schadens und Durchsetzung der Ansprüche beauftragt, verzichtet auf finanzielle Mittel, die ihm zustehen. 

Nun scheint das Konzept gescheitert oder aber die Allianz hat falsche Tatsachen in einem Rechtstreit vor dem Landgericht München I vorgetragen! 

Der Reihe nach:

Seit einigen Jahren kommt ein Befürworter des Konzeptes nach dem anderen hinzu. Inzwischen sind es nicht mehr nur VW/Audi.., Opel, Ford, Subaru, Renault, Mazda und weitere Marken, die für ihre Händler den "Fairplay-Weg" geebnet haben wollen. Auch der Zentralverband des Karosserie- und Lackierhandwerks und die Lackhersteller mit den bei ihnen angeschlossenenen Werkstätten kooperieren angeblich mit der Allianz-Versicherung. Dabei dürfte es sich geschätzt um 10.000 bis 15.000 Reparaturbetriebe handeln, die einen vielleicht 30%igen, vielleicht auch 60%igen, in jedem Fall aber maßgeblichen Anteil am Unfallreparaturmarkt ausmachen. Das Konzept und seine Regeln müssten also einen erheblichen Einfluss auf die derzeitige Praxis der Schadenregulierung haben, soweit es den Marktführer Allianz-Versicherung betrifft.

Aufgrund eines deshalb befürchteten negativen Einflusses des Fairplay-Konzeptes auf die Beauftragung von Anwälten nach Unfällen wurde denn auch eine Klage auf Unterlassung durch die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins angestrengt, erstinstanzlich allerdings verloren.

Eines der Gegenargumente der Allianz zur Erreichung einer Abweisung der Klage war, dass nur 1,5 % der im Haus der Allianz regulierten Haftpflichtschäden nach den "Fairplay"-Regeln abgewickelt würden. Das wären lediglich 6.000 Fälle von insgesamt geschätzt 400.000 Stück der Allianz pro Jahr. Das wäre fast nichts. Denn jeder größere Unfallinstandsetzungsbetrieb repariert pro Jahr mehrere Hundert Unfallfahrzeuge. Wo bleiben also die Vorgänge, die mit der Allianz nach den Fairplay-Regeln abgewickelt werden, wenn es nur 6.000 Fälle pro Jahr gibt, die nach Aussage der Allianz keinen wettbewerbsrelevanten Einfluss auf die Anwaltschaft haben können?

Oder ist diese Zahl frei erfunden, um einem Verbot des Fairplay-Konzeptes durch Gerichte aus dem Weg zu gehen? Nur eine von beiden Annahmen stimmt, das Konzept ist gescheitert oder die Zahl, die nach Presseinformationen dem Gericht präsentiert wurde, muss näher erklärt werden. 

Pressemeldung Autohaus vom 13.01.2012 zur mündlichen Verhandlung am Landgericht München I:
Allianz behauptet, dass nur 1,5 % der Haftpflichtfälle mit Fairplay abgewickelt werden. Damit wäre Fairplay nur noch eine Worthülse, abgewählt durch Abstimmung der Reparaturbetriebe mit den Füssen.