Landgericht Dortmund: Anruf beim Geschädigten ist nur Meinung der Versicherung und ohne Bindungswirkung

Unter dem Deckmantel der unproblematischen Schadenregulierung werden immer häufiger Geschädigte schnellstmöglich nach einem Unfall angerufen, manchmal noch am Unfallort. Ziel der gegnerischen Versicherung ist es, sie von einem Weg der Schadenregulierung zu überzeugen, der für die Versicherung von Vorteil ist. Geht der Angerufene nicht darauf ein, werden die Zahlungen reduziert. In der Regel dürfte das unrechtmäßig sein, wie auch in einem Fall des Landgericht Dortmund vom 12.04.12 (Az. 4 S 59/11).

Das Amtsgericht hatte geurteilt, dass der Geschädigte den Ersatzwagen nur zu einem Preis von 37 Euro hätte anmieten dürfen, weil die Versicherung ihm telefonisch ein zumutbares Angebot gemacht habei.

Nach Vernehmung der Sachbearbeiterin der Versicherung durch das Berufungsgericht in Dortmund wurde jedoch klar, dass die Versicherung kein realistisches, dem Bedarf entsprechendes und konkretes Angebot gemacht hatte, wo das Unfallopfer einen Ersatzwagen hätte anmieten können. Statt dessen hatte die Sachbearbeiterin aus vorgegebenen Listen des Hauses abgelesen und vage Angaben gemacht, dass darin alle Leistungen enthalten seien (wie Zustellung, Winterreifen, Kasko ohne Selbstbeteiligung). Einer Prüfung, ob diese Preise der Realität des Marktes entsprechen, hielten diese Angaben nicht stand. Auf die Berufung des Klägers hin hob das Landgericht Dortmund deshalb dieses falsche Amtsgerichtsurteil auf und sprach dem Kläger weiteren Schadenersatz entsprechend des Marktpreises, zuzüglich Nebenkosten und einen Aufschlag wegen unfallbedingter Mehrleistungen des Vermieters zu. Der Vorwurf des Versicherers an die Geschädigte, sie habe gegen die Schadenminderungspflicht verstoßen, weil sienicht zur Kostenersparnis auf das Angebot des Versicherer einging, wurde durch das Gericht zurückgewiesen.

Das bedeutet:

Ruft oder schreibt ein Versicherer, dessen Versicherungsnehmer einen Dritten geschädigt hat, nach dem Unfall das Unfallopfer an und weist ihn  auf maximal zu zahlende Beträge hin, muss sich das später in einem Schadenersatzprozess auch als richtig herausstellen. Das was dem Geschädigten als Angebot dargestellt wird, darf nicht nur eine Betragsangabe aus irgendwelchen Anweisungen oder Listen sein.Bisher sind hier keine Fälle bekannt, in denen Versicherer korrekte Angaben gemacht haben.

Die Annahme dieser Angebote kann als rechtlich nicht zumutbar angesehen werden. Rechtlicher Rat ist dringend anzuraten.

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