Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 27-24
Landgericht Bonn 5 S 30/24 vom 17.06.2024 (Beschluss)
(Vorinstanz Amtsgericht Bonn 116 C 262/23 vom 09.04.2024)
1. Ein Geschädigter verstößt nicht gegen seine Pflicht zur Geringhaltung des Schadens, wenn er einen Ersatzwagen zum Marktpreis anmietet.
2. Ein telefonischer Anruf erfüllt grundsätzlich nicht die Anforderungen an ein verbindliches Direktvermittlungsangebot für den Geschädigten.
3. Wenn nicht erkennbar ist, dass dem Geschädigten die genauen Konditionen transparent gemacht wurden, reicht ein Angebot auch über ein Telefonat hinaus nicht aus und ist daher für den Geschädigten nicht bindend.
4. Der bloße Versuch, den Geschädigten zu einem eigenen Kontakt mit einem kooperierenden Autovermieter zu verpflichten, ersetzt nicht die Notwendigkeit eines „ohne weiteres“ zugänglichen Angebotes.
Zusammenfassung: Das Landgericht Bonn weist die Berufungsausführungen der Beklagten zur Schadenminderungspflicht des Geschädigten mit der Begründung zurück, dass der Versicherer kein konkretes und annahmefähiges Angebot unterbreitet hat.
Bedeutung für die Praxis: Der Versicherer hat dem Geschädigten für dessen Ersatzbedarf keine gültige Preisvorgabe unterbreitet. Das Landgericht Bonn stellt hier zum wiederholten Male klar, dass ein Telefonat mit dem Geschädigten allein grundsätzlich ungeeignet ist, ihn an einen genannten Vermieter zu verweisen und auf einen maximal zu regulierenden Mietwagenpreis festzulegen. Diese Auffassung erscheint vollkommen nachvollziehbar, denn der Geschädigte kann im Nachhinein nicht beweisen, was ihm von der Gegenseite vorgegeben wurde.
Aber auch darüber hinaus wird festgestellt, dass es nicht ausreichend ist, wenn der Versicherer einfach ein passendes verfügbares Angebot behauptet und den Geschädigten an den Direktvermittlungspartner verweisen will. Darauf braucht der Geschädigte nicht einzugehen, denn ihm ist kein konkretes Angebot unterbreitet worden, das er mit anderen Angeboten am Markt vergleichen könnte.
Zitat: „Preisvorgabe per Telefon geht ins Leere“
„Ein Verstoß gegen die Schadenminderungspflichten ist entgegen der mit der Berufungsbegründung erhobenen Einwände nicht anzunehmen. Zutreffend hat das erstinstanzliche Gericht darauf abgestellt, dass die vorliegend gewählte Art des Hinweises auf günstigere Anmietmöglichkeiten den Voraussetzungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht entsprechen. (…)
In der Klageerwiderung wurde nur vorgetragen, dass eine Vermittlung an die Firma Enterprise mit dem Geschädigten telefonisch besprochen und durch die benannte Zeugin ein Auftrag an die Firma Enterprise versendet worden sei. Dies ist unzureichend. Dass der Geschädigte sich bereits auf die Vermittlung des Fahrzeuges eingelassen haben soll, folgt aus dem erstinstanzlichen Vortrag bereits nicht. Auf die (nur) telefonisch unterbreitete, und damit für den Geschädigten nicht dokumentierte und beweisbare, Vermittlungsangebote musste sich der Geschädigte auch nicht einlassen. Derartige „Angebote“ sind nicht beweisbar.“
Landgericht Bonn 5 S 30/24 vom 17.06.2024 (Beschluss)
Zitat: „Direktvermittlungsversuch scheitert, wenn Angebot unkonkret“
„Es ist weiterhin auch erstinstanzlich nicht vorgetragen, dass dem Geschädigten die konkreten Preise, die genaue Verfügbarkeit und die genauen Konditionen ausreichend transparent gemacht worden sind (vgl. OLG Köln, 27.03.2017 – 15 U 34/17, juris). Es ist bereits nicht nachprüfbar, ob es dem Geschädigten zumutbar war, sich auf das Alternativangebot einzulassen. Vor dem Hintergrund ist auch die benannte Zeugin nicht zu vernehmen.
Soweit nun mit der Berufungsbegründung weiterer Vortrag erfolgt, folgt auch aus diesem nicht, dass dem Geschädigten die Konditionen ausreichend transparent gemacht worden seien. Es wird weiterhin nicht vorgetragen, dass die nunmehr mit Schreiben vom … der Enterprise Autovermietung Deutschland B.V. & Co. KG dargelegten Konditionen dem Geschädigten mitgeteilt worden seien. Auch der Vortrag, dass sich der Geschädigte auf die „Vermittlung des Fahrzeuges bereits eingelassen habe“, greift nicht durch. Auch nach dem Vortrag der Beklagten erfolgte lediglich eine Vermittlung an das zuvor bezeichnete Unternehmen. Ein „ohne weiteres“ zugängliches Alternativangebot wird nicht dargelegt. Es bedurfte vielmehr auch nach dem Beklagtenvortrag weiterer telefonischer Absprachen.“
Landgericht Bonn 5 S 30/24 vom 17.06.2024 (Beschluss)
Hinweis: Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig.