Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 26-24
Amtsgericht Leverkusen 24 C 163/23 vom 19.04.2024
1. Ein Geschädigter muss sich im Normalfall nicht nach einem besonders günstigen Mietwagen erkundigen, um einen Ersatzwagen zu mieten und den Preis vom Haftpflichtversicherer vollständig ersetzt zu bekommen.
2. Dem Vorwurf der Versicherung des Unfallgegners gegen den Geschädigten, der habe gegen seine Pflicht zur Schadengeringhaltung verstoßen, da er dessen Mietwagenangebot ausgeschlagen habe, widerspricht das Gericht.
3. Die Schätzung der zu erstattenden Mietwagenkosten entsprechend der Erforderlichkeit erfolgt mittels Mischmodell.
4. Kosten konkret angefallener Nebenleistungen für Haftungsreduzierung auf SB 150 und Zustellen/Abholen sind vom Versicherer zu erstatten.
5. Ein Abzug für ersparte Eigenkosten ist in Höhe von 10 Prozent als angemessen anzusehen, hier jedoch wegen einer klassenkleineren Anmietung nicht vorzunehmen.
6. Außergerichtliche Anwaltskosten hält das Gericht nicht für erforderlich.
Zusammenfassung: Das Amtsgericht Leverkusen sieht keinen Verstoß des Geschädigten durch Anmietung eines Ersatzwagens zum Marktpreis. Denn das angebliche Direktvermittlungsangebot war unzureichend. Die Mietwagenkosten werden mittels Fracke bestimmt zuzüglich Nebenkosten.
Bedeutung für die Praxis: Ob sich der Geschädigte nach günstigeren Mietwagenangeboten erkundigen muss, hängt einzig und allein vom Preis des Ersatzwagens ab, den er angeboten bekommt. Ist der Preis nicht deutlich zu teuer, muss er sich auch nicht nach Alternativen erkundigen.
Der Geschädigte erhielt von der Beklagten kein konkretes Mietwagenangebot. Es war lediglich ein allgemeiner Hinweis, der umfangreiche Prüfungen und umständliche Erkundigungen erfordert hätte. Das hat dem Gericht nicht ausgereicht, daher durfte er sich ein Fahrzeug seiner Wahl zum Marktpreis besorgen. Dieser wird an Fracke gemessen. Hier zieht das Gericht zweifelhafte Schlussfolgerungen: Wenn die Kläger von sich aus nur Fracke einklagen würden, sei erkennbar, dass das Mischmodell richtig ist. Der Grund dafür dürfte jedoch sein, dass Gerichte beim Mischmodell verharren wollen und Argumenten der Kläger nicht zugänglich sind, da ein Abweichen Aufwand nach sich zieht. Kläger reduzieren nur aus einem Grund ihre Forderungen auf Fracke: Weil es zu teuer ist, immer wieder per Quote Verfahrenskosten zu tragen.
Die Kosten einer Haftungsreduzierung mit geringer Selbstbeteiligung sind unabhängig von der Frage zu erstatten, ob der Geschädigten sein eigenes beschädigtes Fahrzeug auch mit einer niedrigen Selbstbeteiligung bei einem Kaskoversicherer abgesichert hat. Bereits die Unsicherheiten im Umgang mit einem Mietwagen seien Grund genug dafür.
Sonderbar urteilt das Gericht auch in Bezug auf die Kosten der außergerichtlichen Anwaltsbeauftragung. Danach hätte der Zessionar vorgerichtlich keinen Anwalt einschalten dürfen, da er als Dienstleister selbst rechtskundig sei. Als würden alle Versicherer und dort alle Sachbearbeiter gleich reagieren. Doch so ist es nicht und der Versuch, jeden Regulierungsfall außergerichtlich zu klären, sollten Gerichte fördern und nicht abwürgen.