Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell KW 18-16

Thüringer Oberlandesgericht 5 U 855/14 vom 05.04.2016

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Meiningen (Schätzung der Mietwagenkosten anhand der Nutzungsausfallentschädigungs-Tabelle) aufgehoben und neu gefasst.
2. Zu erstatten ist kein geschätzter Betrag einer Liste (§ 287 ZPO), sondern der entstandene Rechnungsbetrag, da dem Geschädigten kein anderes auf seine Bedüfnisse passendes Angebot zugänglich gewesen ist. Der Kläger hat unbestritten vorgetragen, dass er in der konkreten Situation nur diesen Mietwagen bekommen konnte.
3. Der Verweis auf den Fraunhofer-Marktpreisspiegel reicht nicht aus, um den Nachweis einer günstigeren Anmietmöglichkeit zu erbringen. Es wurde kein konkreter Vermieter benannt, der zum vorgetragenen Preis vermietet hätte.
4. Kosten der Haftungsreduzierung und der Zustellung und Abholung sind zu erstatten, da sie zur Schadenbehebung erforderlich gewesen und angefallen sind.
5. Ein Abzug wegen Alters des beschädigten Fahrzeuges erfolgt nicht.
6. Der Abzug wegen Eigenersparnis ist mit 10 % zu bemessen.

Zusammenfassung: Das OLG wendet zur Entscheidung der zu erstattenden Mietwagenkosten keine Liste an. Da nur ein Vermieter liefern konnte, sind dessen Kosten auch zu erstatten, selbst wenn diese über dem üblichen Betrag liegen und ein Unfallersatztarif abgerechnet wurde.

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Thüringer Oberlandesgericht 5 U 855/14 vom 05.04.2016
(Vorinstanz Landgericht Meiningen 1 O 854/13)



IM NAMEN DES VOLKES

ENDURTEIL



In dem Rechtsstreit

XXX

gegen

XXX

hat der 5. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch
die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht XXX,
die Richterin am Oberlandesgericht XXX und
die Richterin am Oberlandesgericht XXX
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 15.03.2016

f ü r   R e c h t   e r k a n n t :


I.    Auf  die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 05.12.2014, Az.: 1 O 854/13 (229) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1.    Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger weitere 5.311,88 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten aus 6.582,21 EUR vom 11.06. bis 27.06.2013 und aus 3.582,21 EUR seit dem 28.06.2013 zu zahlen.

2.    Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger restliche vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 210,27 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten hieraus über dem Basiszinssatz seit dem 03.10.2013 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die darüber hinausgehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

II.    Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der durch die Nebenintervention verursachten Kosten haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen.

III.    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV.    Die Revision wird nicht zugelassen.


G r ü n d e :



I.

Der Kläger nimmt die Beklagten auf Zahlung restlichen Schadensersatzes nach einem Verkehrsunfall in Anspruch, der sich am 28.05.2013 ereignet hat.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf die tatbestandlichen Feststellungen in dem angefochtenen erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage überwiegend, d. h. bis auf einen Teil der geltend gemachten Mietwagenkosten, der Kostenpauschale und der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten stattgegeben.

Dabei ist das Landgericht im Ergebnis der Beweisaufnahme von einem alleinigen Verschulden des Beklagten zu 1) an dem Unfall ausgegangen.

Auch unter Zugrundelegung einer alleinigen Haftung der Beklagten stehe dem Kläger aber kein vollumfänglicher Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Mietwagenkosten zu. Zwar seien diese grundsätzlich erstattungsfähig und auch dem Kläger wieder zurück abgetreten worden. Nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit abgeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot könne der Kläger grundsätzlich aber nur den günstigsten Mietpreis verlangen, was voraussetze, dass sich der Kläger zumindest in groben Zügen einen Überblick über die Mietwagenpreise verschafft und mehrere Konkurrenzangebote eingeholt habe. Weiter fehle es an einem Vortrag und Nachweis des Klägers, dass ihm nur die Anmietung zu dem teureren Unfallersatztarif anstelle des Normaltarifes möglich gewesen sei.

Damit sei die Höhe des dem Kläger für die Mietwagenkosten zustehenden Erstattungsanspruches nach § 287 ZPO zu schätzen. Dafür, ob Schätzgrundlage die Schwacke-Liste oder der Fraunhofer-Marktpreisspiegel sein solle, gebe das Gesetz nichts her. Einzustufen sei der beschädigte VW-Bus des Klägers aufgrund seines Alters in die Gruppe G, so dass sich bei einer Mietdauer von 11 Tagen und einer täglichen Nutzungsausfallentschädigung von 59,00 EUR abzüglich ersparter Eigenaufwendungen in Höhe von 10 % zzgl. der Kosten für die Haftungsfreistellung und die Zustellung und Abholung eine Nutzungsausfallentschädigung des Klägers in Höhe von 899,10 EUR netto bzw. 1.069,93 EUR brutto ergebe.

Zzgl. der im vollen Umfang zugesprochenen Reparatur- und Sachverständigenkosten sowie einer Unfallpauschale in Höhe von 25,00 EUR hat das Landgericht dem Kläger damit unter Anrechnung eines bereits gezahlten Vorschusses über 3.000,00 EUR weitere 4.652,14 EUR zzgl. Zinsen zugesprochen.

Die von dem Kläger weiter geltend gemachten außergerichtlichen Anwaltskosten seien ebenfalls nur ausgehend von einem Streitwert in Höhe von 4.652,14 EUR begründet.

Gegen dieses, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 10.12.2014 zugestellte Urteil des Landgerichts Meiningen hat der Kläger mit einem am 23.12.2014 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit weiterem, am 21.01.2015 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagten haben ihre zunächst ebenfalls selbständig eingelegte Berufung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15.03.2016 zurückgenommen.

Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung lediglich gegen die von dem Landgericht vorgenommene Kürzung der erstattungsfähigen Mietwagenkosten.

Das Landgericht habe hierbei übersehen, dass er mit Schriftsatz vom 07.01.2014 vorgetragen habe, dass er auf eine tägliche Nutzung des VW-Busses mit 9 Sitzen aus familienbedingten Gründen angewiesen gewesen sei und ihm nur durch die XXX ein adäquates Ersatzfahrzeug zur Verfügung habe gestellt werden können.

Da in der Mietwagenrechnung die Gruppe 7 der sog. Schwacke-Liste zugrunde gelegt worden sei, sei diese auch nicht überhöht. Nochmals sei insoweit auch darauf hinzuweisen, dass er über keine Kreditkarte verfügt habe.

Außerdem habe er, was das Landgericht ebenfalls übersehen habe, mit Schriftsatz vom 04.04.2014 vorgetragen, dass er sich über die Autowerkstatt XXX außer bei der Autovermietung bei drei weiteren Autovermietern nach einem geeigneten Ersatzfahrzeug erkundigt habe, dort aber kein adäquater Ersatzbus zur Verfügung gestellt habe werden können. Da er keine andere Möglichkeit zur Anmietung gehabt habe, habe das Landgericht das beschädigte Fahrzeug zu Unrecht zwei Gruppen tiefer eingestuft und in Abweichung zu der ganz überwiegenden obergerichtlichen Rechtsprechung für die Höhe der Mietwagenkosten auch die sog. Nutzungsausfallentschädigungstabelle anstelle der sog. Schwacke-Liste zugrunde gelegt.

Der Fraunhofer Marktpreisspiegel könne hier auch schon deshalb nicht als Schätzgrundlage herangezogen werden, weil dieser für das hier maßgebliche Postleitzahlengebiet 98 in der Gruppe 7 überhaupt keine Werte ausweise.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Meiningen vom 05.12.2014, Az. (229) 1 O 854/13

1.    die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an den Kläger weitere 5.467,41 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB hieraus seit dem 31.07.2013, sowie weitere 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB aus 3.587,21 EUR für die Zeit vom 26.06.20·13 bis 30.07.2013 zu zahlen.

2.    die Beklagten  gesamtschuldnerisch zu verurteilen, restliche vorgerichtliche Anwaltskosten als Verzugsschaden in Höhe von 332,01 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Streithelfer, der dem Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 25.02.2015 auf Seiten des Klägers bei getreten ist, hat sich den Anträgen des Klägers angeschlossen und ferner beantragt, den Beklagten die durch die Nebenintervention verursachten Kosten gesamtschuldnerisch aufzuerlegen.

Er ist der Auffassung, dass das Landgericht die erforderlichen Mietwagenkosten nicht rechtsfehlerfrei ermittelt habe. Das Landgericht habe den Grundtarif der Mietwagenkosten mit der sog. Nutzungsausfallentschädigung gleichgestellt. Allenfalls jedoch könne für eine Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten der dreifache Wert der Nutzungsausfallpauschale zugrunde gelegt werden. Ein dem Klägerfahrzeug vergleichbares Ersatzfahrzeug habe zu dem von dem Landgericht geschätzten Betrag nicht angemietet werden können. Die Erforderlichkeit der Anmietung ergebe sich i. Ü. auch aus der zurückgelegten Fahrtstrecke von 698 Km in 11 Tagen. Auf eine Anmietung zum sog. Normaltarif könne der Kläger hier i.Ü. auch deshalb nicht verwiesen werden, weil der Kläger zu einer dafür notwendigen Vorleistung der Mietwagenkosten nicht in der Lage gewesen sei und es sich hier ferner um eine ad hoc Vermietung gehandelt habe, nachdem der Unfall am 28.05.2013 gegen 12:00 Uhr stattgefunden habe und die Anmietung bereits am gleichen Tag gegen 14:15 Uhr erfolgt sei. Zudem seien Leistungen erbracht worden, die über das sog. „Normalgeschäft" hinausgingen, wie eine Verbringung des Mietfahrzeuges von Ellingshausen zur Reparaturwerkstatt in Zella-Mehlis

Zudem unterhalte die Streithelferin einen Bereitschaftsdienst, der mit einem erhöhten Personalbedarf und Kosten einhergehe. Außerdem müsse sie als im Unfallersatzgeschäft tätige Vermieterin einen größeren Fahrzeugbestand bereithalten.

Auch eine Herabstufung wegen des Fahrzeugalters sei nach neuerer Rechtsprechung aufgrund des technischen Fortschrittes nicht vorzunehmen.

Sofern damit hier überhaupt eine Schätzung der Mietwagenkosten erforderlich sei und diese nicht deshalb ausscheide, weil dem Kläger günstigere Tarife nicht zugänglich gewesen seien, könne eine Schätzung auch nicht auf der Grundlage des Fraunhofer-Marktpreisspiegels erfolgen. Wie inzwischen durch eine Vielzahl von Gutachten belegt sei, lägen die dort gelisteten Tarife regelmäßig mindestens 40 % unter den tatsächlich erzielbaren Mietpreisen. Dieser lägen i.Ü. auch gar keine tatsächlichen Angebotseinholungen zugrunde. Vielmehr seien für deren Erstellung lediglich durch Programmierung einer Suchmaschine Preise der großen Anbieter abgefragt worden und dabei der regionale Markt und mittelständische Anbieter nicht mit einbezogen worden. Außerdem seien bei dem Fraunhofer-Marktspiegel nur Mietpreise mit einer Vorreservierung von einer Woche berücksichtigt worden und dort nur PKW's, nicht aber Transporter erfasst. Deshalb sei bei einer notwendigen Schätzung hier der Schwacke-Liste der Vorzug zu geben.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Soweit das Landgericht die Klage hinsichtlich der geltend gemachten Mietwagenkosten teilweise abgewiesen hat, verteidigen sie das angefochtene Urteil. So ergäben sich unter Zugrundelegung der sog. Fraunhofer-Tabelle für ein Fahrzeug der Mietwagenklasse 7 bei einer Anmietung von 11 Tagen Mietwagenkosten in Höhe von 745,43 EUR.

Soweit der Kläger erstmals mit der Berufungsbegründung vortrage, dass er bei weiteren Autovermietern angefragt habe, werde dies bestritten. Dass der Kläger das erstbeste Fahrzeug angemietet habe, ergebe sich auch aus seiner Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28.02.2014, wonach er sich bei Mietwagen auf seine Werkstatt verlassen habe.

Nicht zutreffend sei auch, dass ein vergleichbares Mietfahrzeug zu dem von dem Landgericht zuerkannten Betrag nicht anzumieten gewesen sei.

II.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht bei Gericht eingelegt und begründet worden.

Sie hat auch im überwiegenden Umfang in der Sache Erfolg.

Zu Recht und der Höhe nach mit überwiegendem Erfolg wendet sich die Berufung des Klägers gegen die Höhe der von dem Landgericht zugesprochenen Mietwagenkosten und den darauf entfallenden Teil der weiter geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten und Zinsen.

Kann der Geschädigte sein Fahrzeug aufgrund eines schädigenden Ereignisses nicht nutzen, hat ihm der Schädiger nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB die Kosten für die Anmietung eines gleichwertigen Fahrzeuges zu ersetzen (vgl. z. B. Palandt-Grüneberg, 74. Auflage, Rdn. 31 zu § 249 BGB; BGH Urteil vom 27.03.2012, Az.: VI ZR 40/10 m.w.N. - zitiert nach juris - ). Allerdings hat der Geschädigte dabei wie das Landgericht grundsätzlich zutreffend ausgeführt hat, auch das in § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB verankerte Wirtschaftlichkeitsgebot zu beachten, was für den Bereich der Mietwagenkosten bedeutet, dass er nur den Ersatz derjenigen Kosten verlangen kann, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für erforderlich halten durfte (vgl. auch BGH a.a.O. m. w. N.). Nicht gefolgt werden kann dem Landgericht aber darin, dass dem Kläger hier deshalb eine Verletzung dieses Wirtschaftlichkeitsgebotes vorzuwerfen sei, weil er es unterlassen habe, mehrere Konkurrenzangebote einzuholen und er nicht dargelegt habe, dass ihm nur eine Anmietung zu dem teureren Unfallersatztarif möglich gewesen sei. Beides nämlich ist vorliegend nicht der Fall. So hat der Kläger, was das Landgericht offensichtlich übersehen hat, bereits erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 04.04.2014 vorgetragen, dass er sich über die Autowerkstatt XXX außer bei der Autovermietung XXX auch bei der Autovermietung XXX, XXX Autovermietung und der Autovermietung XXX jeweils in Suhl, nach einem geeigneten Ersatzfahrzeug erkundigt habe, aber nur die Autovermietung XXX ihm einen geeigneten Ersatzbus zur Verfügung habe stellen können. Da dieser Vortrag von den Beklagten nicht bestritten wurde, kann dem Kläger hier entgegen der von dem Landgericht vertretenen Ansicht keine Verletzung der Pflicht zur vorherigen Einholung mehrerer Konkurrenzangebote vorgeworfen werden. Da die weiteren drei Anfragen über die Fa. XXX gelaufen sein sollen, steht dieser Vortrag auch in Einklang mit dem weiteren Vortrag des Klägers zu Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28.02.2014. Auch kann damit, entgegen der Ansicht der Beklagten, aus dem Vortrag des Klägers nicht geschlossen werden, dass er das erstbeste Fahrzeug angemietet habe.

Zudem hat der Kläger schon erstinstanzlich und ebenfalls von den Beklagten unwidersprochen vorgetragen, dass er auf das Fahrzeug angewiesen gewesen sei. Abgesehen davon. dass für den tatsächlichen Nutzungsbedarf des Klägers, die sich aus der Mietwagenrechnung vom 28.06.2013 ergebenden, mit dem Mietwagen zurückgelegten 698·km sprechen, da diese bei einer Vermietung von 11 Tagen bereits eine verhältnismäßig intensive Fahrzeugnutzung belegen, hat der Kläger die Notwendigkeit einer Fahrzeuganmietung vorliegend auch mit der von ihm betriebenen Landwirtschaft, den damit verbundenen Transporten und familiären Gründen, wie dem Transport seiner Enkelkinder, begründet und wie schon ausgeführt, auch dargelegt, dass er für ein geeignetes anderweitiges Ersatzfahrzeug kein Angebot bekommen habe. Vor dem Hintergrund dieses unstreitigen Vortrages reicht allein der Verweis der Beklagten auf den Markmietpreisspiegel des Fraunhofer-Institutes nicht aus, um die Möglichkeit einer günstigeren Anmietung und damit einen Verstoß des Klägers gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot annehmen zu können.
Dies gilt umso mehr, als auch die Beklagten nicht vorgetragen haben, bei welcher Autovermietung der Kläger im Unfallzeitpunkt ein dem verunfallten Fahrzeug gleichwertiges Ersatzfahrzeug zu einem niedrigerem Preis hätte anmieten können.

Da der Kläger nach seinem unstreitigen Vortrag kein geeignetes Ersatzfahrzeug zu einem niedrigeren Preis erhalten konnte, kann er auch nicht auf einen geschätzten - mittleren - Erstattungsbetrag verwiesen werden. Dies gilt vorliegend im Besonderen deshalb, weil der Schwacke-Liste der Normaltarif zugrunde liegt, bei Anmietung eines Fahrzeuges im Normaltarif aber grundsätzlich eine Sicherheit geleistet werden muss, sei es durch Vorbelastung einer Kreditkarte oder durch Hinterlegung eines Barbetrags (vgl. z.B. auch OLG Nürnberg Beschluss v. 18.7.12, Az. 12 U 1821/10 - zitiert nach juris -), was dem Kläger hier angesichts seiner dargelegten und von den Beklagten nicht bestrittenen finanziellen Verhältnisse und des fehlenden Kreditkartenbesitzes nicht möglich war.

Damit kann der Kläger hier die ihm gegenüber konkret berechneten Mietwagenkosten erstattet verlangen, ohne dass diese nach § 287 ZPO auf einen geringeren erforderlichen Betrag geschätzt werden müssen.

Die in der Mietwagenrechnung enthaltenen Haftungsreduzierungskosten sind ebenso zu ersetzen (vgl. z.B. Palandt-Grüneberg a.a.O., Rdn. 38 zu § 249 BGB), wie die Zustell- und Abholkosten, da eine Verbringung des Mietwagens hier tatsächlich erfolgt ist (so auch LG Meiningen Urt. v. 26.03.2015, Az. (66) 4 S 94/14 -zitiert nach juris - m.w.N.).

Auch ein Abzug wegen des Fahrzeugalters kommt  entgegen der vom Landgericht vertretenen Ansicht nicht in Betracht. Anders als bei der Nutzungsentschädigung geht es bei der Anmietung eines Ersatzfahrzeuges nicht um den Ersatz des wirtschaftlichen Wertes der entgangenen Nutzungsmöglichkeit, sondern um den Gebrauchswert des schädigungsbedingt nicht nutzbaren Fahrzeuges. Dieser jedoch wird nicht zuletzt bedingt durch den technischen Fortschritt allenfalls geringfügig vom Alter des Fahrzeugs bestimmt (vgl. z.B. auch LG Meiningen a.a.O. m.w.N.).

Allerdings muss sich der Kläger im Wege des Vorteilsausgleichs ersparte Eigenaufwendungen anrechnen lassen, die pauschal in Höhe von 10 % der Mietwagenkosten anzusetzen sind (vgl. z.B. Palandt a.a.o. Rdn.36 zu § 249 BGB m.w.N.). Zieht man diese (126,50 €) von dem Betrag über 1.265 € ab, addiert die Kosten der Haftungsfreistellung und der Zustell- und Abholkosten, ergibt sich ein erstattungsfähiger Betrag in Höhe von 1.729,67 EUR brutto. Damit hat die Berufung des Klägers über die erstinstanzliche Verurteilung in Höhe weiterer 659,74 EUR hinaus Erfolg, welche der Kläger als weitere Mietwagenkosten ersetzt verlangen kann.

Zinsen stehen dem Kläger hierauf, wie auch auf die übrige begründete Hauptforderung ab Verzugseintritt gemäß §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB zu.

Außergerichtliche Rechtsanwaltskosten sind damit ebenfalls in einem über der erstinstanzlichen Entscheidung weitergehenden Umfang begründet, nämlich in Höhe einer 1,3·fachen Gebühr von 460,20 EUR, berechnet aus einem Streitwert von 5.311,88 EUR, zzgl. einer Auslagenpauschale von 20,00 EUR und Umsatzsteuer i.H.v. 91,24 EUR, womit abzgl. des gezahlten Teilbetrages von 361,17 EUR noch ein Restbetrag i.H.v. 210,27 EUR verbleibt, auf den weiterhin seit Klagezustellung Prozesszinsen zu zahlen sind.

Soweit der Kläger mit seinem Antrag insgesamt gegenüber der erstinstanzlichen Entscheidung einen Betrag von 815,27 EUR fordert und darin über die Mietwagenkosten hinaus auch der von dem Landgericht ferner nicht zuerkannte Betrag von 5,00 EUR für die mit 30,00 EUR geltend gemachte Auslagenpauschale enthalten ist, ist dies zwar vom Antrag des Klägers umfasst, aber nicht Gegenstand der Berufung, da die Berufung das Klägers ausweislich des Schriftsatzes vom 22.12.2014 ausdrücklich auf die Mietwagenkosten beschränkt wurde und sich auch die nachfolgende Berufungsbegründung nur hiermit befasst.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 2, 97 Abs. 1, 101, 516 Abs. 3 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 i.V.m. § 711, 713 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).

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Bedeutung für die Praxis: Immer wieder wird der zu erstattende Schadenersatzbetrag auch dann geschätzt, wenn der Kläger dargelegt hat, dass nach erfolgter Erkundigung nur dieser eine Vermieter in der Lage war, das Benötigte zu liefern. Das Thüringer OLG macht damit Schluss. Aspekte besonderer Fahrzeugeigenschaften, benötigte Fahrzeugausstattung, örtliche Gegebenheiten oder zeitliche Einschränkungen können dafür sprechen, dass kein anderer Anbieter zur Verfügung steht. Das erfordert eine Erkundigung, aber keine Marktforschung. Wichtig ist - denn diesen Fall gibt es ja häufig - dass die Kläger dazu vortragen, um dem üblichen Vorwurf des Auswahlverschuldens zu begegnen.

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