Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 18-17

Amtsgericht Torgau, Zweigstelle Oschatz 2 C 293/16 vom 10.03.2017

1. Aufgrund der Interventionswirkung des Verfahrens und nach den diesbezüglichen Erklärungen der Streitverkündeten ist ihr rechtliches Interesse hinreichend glaubhaft gemacht.
2. Ausweislich des Mietvertrages haben sich der Geschädigte und die Streitverkündete auf eine entgeltliche Gebrauchsüberlassung eines Ersatzfahrzeuges geeinigt.
3. Der Mietvertrag verstößt nicht gegen § 1 der Preisangabenverordnung und ein unwirksamer schriftlicher Mietvertrag wäre für die Frage der Schadenersatzpflicht der Beklagten auch unbeachtlich.
4. Entsprechend des tatsächlichen Nutzungsumfanges war der Kläger auf die Ersatzmobilität angewiesen und kommt es nicht auf die Frage an, ob das Bestehen eines Nutzungswillens und die Nutzungsmöglichkeit als Anspruchsvoraussetzungen anzusehen sind.
5. Die Schätzung des Normaltarifes erstattungsfähiger Mietwagenkosten wird anhand der Schwacke-Werte aus 2016 vorgenommen und Kosten erforderlicher Zusatzleistungen sind zu erstatten.
6. Bedenken wegen eines auffallend zu hohen Mietpreises mussten sich dem Geschädigten nicht aufdrängen, da der Preis lediglich geringfügig über dem Vergleichsmaßstab des Schwacke-Wochenpreises lag.
7. Die Fraunhofer-Liste ist nicht vorzugswürdig. Vorgelegte Internetangebote entstammen einem Sondermarkt und sind inhaltlich nicht vergleichbar.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Torgau wendet die Schwackeliste-Automietpreisspiegel 2016 zur Schätzung des Normaltarifes und der Nebenkosten nach 5-tägiger Anmietung eines Ersatzfahrzeuges an. Die Kosten erforderlicher Nebenleistungen sind zu erstatten. Der Vortrag der Beklagten dazu, Fraunhofer sei die einzig anwendbare Schätzgrundlage und der Schwackeliste vorzuziehen, wurde zurückgewiesen. Die von der Beklagten zur Untermauerung ihrer Argumentation aufgezeigten Alternativangebote wurden als nicht vergleichbar und als unkonkreter Sachvortrag angesehen.

Bedeutung für die Praxis: Das Gericht lässt die Erweiterung des Rechtsstreites auf den Vermieter mit ausführlicher Begründung zu. Damit liegt ein taugliches Mittel vor, die Argumente des prozesserfahrenen Vermieters und seines Anwaltes in einen Rechtsstreit des Geschädigten mit der gegnerischen Versicherung einzubringen und das leidige Problem zu mindern, dass Geschädigte aus Gründen der Prozessökonomie mit ihren selbst gewählten Anwälten im Mietwagenprozess gegen Spezialisten auf der Beklagtenseite antreten. Sämtliche Versuche der Beklagten, die Forderung dem Grunde nach anzugreifen, wurden vom Gericht sukzessive abgearbeitet und verworfen. Obwohl das Gericht den Preis des Vermieters für fünf Tage mit dem auf fünf Tage reduzierten Wochenpreis verglich, ergab sich keine erhebliche Überhöhung der klägerischen Forderungen. Die Abrechnung des Vermieters lag nur geringfügig über dem vergleichsweise errechneten Mittelwert. Bedenken wegen der Angemessenheit des Tarifes hätten sich dem Kläger demzufolge nicht aufdrängen müssen und er war nicht zu Erkundigungen nach anderen Angeboten verpflichtet.

 

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Amtsgericht Torgau, Zweigstelle Oschatz 2 C 293/16 vom 10.03.2017

Im Namen des Volkes


ZWISCHEN- UND ENDURTEIL



In dem Rechtsstreit

XXX

gegen

XXX

wegen Forderung

hat das Amtsgericht Torgau durch

Richterin XXX

am 10.03.2017

für Recht erkannt:


1.    Die Nebenintervention wird zugelassen.

2.    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 253,77 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.03.2016 zu zahlen.

3.    Die Kosten des Rechtsstreits und die Kosten der Nebenintervention hat die Beklagte zu tragen.

4.    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 253,77 EUR festgesetzt.



Tatbestand



Der Kläger begehrt von der Beklagten restlichen Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall, der sich am 10.02.2016 in Salbitz ereignete und bei welchem die Haftung der Beklagten, der Haftpflichtversicherung des unfallbeteiligten Fahrers, dem Grund nach außer Streit steht.

Bei dem Unfall wurde das Fahrzeug des Klägers, ein Skoda Rapid SpaceBack Ambition, welcher in die Mietwagenklasse 5 einzuordnen ist, beschädigt und sodann repariert. In der Zeit vom 15.02.2016 bis 19.02.2016 nahm der Kläger von der Autovermietung XXX GmbH einen Mietwagen, ebenfalls einen Skoda Rapid SpaceBack Ambition, in Anspruch und legte mit diesem eine Wegstrecke von 220 km zurück. Für die Anmietung des Fahrzeugs fielen Kosten i. H. v. insgesamt 699,12 EUR an:


5 Tage je 82,50 EUR                                          412,50 EUR
5 Tage Haftungsreduzierung 15,00 EUR              75,00 EUR
5 Tage Winterräder 8,00 EUR                              40,00 EUR
Zustell- und Abholkosten                                     60,00 EUR
Mehrwertsteuer 19 %                                         111,63 EUR
Gesamt                                                               699,12 EUR


Die Beklagte regulierte hiervon einen Betrag i. H. v. 396,27 EUR. Eine weitere Zahlung lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 22.03.2016 ab.

Der Kläger ist der Meinung, dass der sog. Schwacke-Automietpreisspiegel beim Vergleich des erforderlichen Schadensbeseitigungsaufwands bei Mietwagenkosten als richterliche Schätzgrundlage nach § 287 ZPO herangezogen werden könne. Die von der Autovermietung XXX GmbH geltend gemachten reinen Mietwagenkosten i. H. v. 98,18 EUR brutto pro Tag lägen deutlich unter dem Moduswert des Schwacke-Automietpreisspiegels. Auch die abgerechneten Kosten für die Haftungsbefreiung und die Winterreifen lägen unter dem arithmetischen Mittel im Bundesdurchschnitt. Der Kläger vertritt die Auffassung, dass ihm ein Verstoß gegen die ihm obliegende Schadensminderungspflicht nicht vorgeworfen werden könne, da die Autovermietung XXX GmbH keinen Sondertarif abgerechnet habe. Es hätten bei der Anmietung auch keine wesentlich günstigeren Mietpreise erzielt werden können. Der von der Beklagten der Abrechnung zur Grunde gelegte Fraunhofer-Marktpreisspiegel sei nicht repräsentativ, da diesem die Befragung von lediglich sechs Internetunternehmen zu Grunde liege, obwohl es im gesamten Bundesgebiet ca. 570 mittelständische Autovermietungsunternehmen gäbe sowie zusätzlich 5.000 Stationen von Autohausunternehmen, die ebenfalls im Vermietbereich tätig sind. Im Vergleich zu Schwacke habe Fraunhofer daher nur 1 % der im Markt tätigen Betriebe abgefragt.

Mit dem Klageschriftsatz hat der Kläger der Autovermietung XXX GmbH den Streit verkündet. Diese ist sodann mit Schriftsatz vom 05.07.2016 dem Rechtsstreit auf Seiten des Klägers beigetreten. Die Beklagte hat sich mit Schriftsatz vom 08.08.2016 gegen die Zulässigkeit der Nebenintervention mit der Begründung, dass die Nebenintervenientin kein für den zulässigen Streitbeitritt erforderliches rechtliches Interesse an dem Obsiegen des Klägers habe.

Der Kläger beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 253,77 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.03.2016 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Nebenintervention zurückzuweisen

sowie

die Klage abzuweisen.


Die Beklagte meint, der vom Kläger vorgelegte Mietvertrag verstoße gegen § 1 Abs. 1 PAngV, da er den Endpreis nebst Umsatzsteuer nicht erkennen lasse. Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass der Kläger eine Fahrzeugversicherung mit Haftungsreduzierung abgeschlossen habe und die Zustellung und die Abholung des Ersatzfahrzeugs erforderlich gewesen seien. Zudem sei mit Nichtwissen zu bestreiten, dass die Reparatur des klägerischen Fahrzeugs tatsächlich fünf Tage gedauert habe. Die Beklagte ist zudem der Auffassung, dass der Kläger in Riesa bzw. Dresden ein Mietfahrzeug zu deutlich günstigeren Konditionen hätte anmieten können und legt insofern entsprechende Angebote anderer Mietwagenunternehmen (vgl. Anlagen B1 - B3) vor. Es sei zudem auch nicht ersichtlich, dass der Kläger hier auf die Inanspruchnahme eines Ersatzfahrzeugs angewiesen gewesen sei. Die Kosten der Winterbereifung seien überdies nicht zu ersetzen. Zu den Hauptleistungspflichten des Mietvertrags gehöre die Überlassung der Mietsache in einem zum bestimmungsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand. Aus diesem Grund seien die Kosten für die Winterräder bereits im Grundmietpreis enthalten. Schließlich meint die Beklagte, dass bei der vorzunehmenden richterlichen Schätzung nicht der Schwacke-Mietpreisspiegel zu Grunde zu legen sei, sondern allenfalls der Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2015 des Fraunhofer Instituts. Konkrete und fallbezogene Einwände gegen die Geeignetheit der Markterhebung des Fraunhofer Instituts seien nicht ersichtlich.

Hinsichtlich der erfolgten Streitverkündung meint die Beklagte, dass diese unzulässig sei, da der Kläger kein rechtliches Interesse an dieser habe, insbesondere weil es auf eine betriebswirtschaftliche Rechtfertigung der Nebenintervenientin nicht ankomme.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.



Entscheidungsgründe


I.

Vorliegend hatte eine Entscheidung über die Zulässigkeit der Nebenintervention des mit Schriftsatz vom 05.07.2016 erfolgten Streitbeitritts der Streithelferin auf Seiten des Klägers zur erfolgen, nachdem die Beklagtenseite mit Schriftsatz vom 08.08.2016 die Zurückweisung dieser Nebenintervention beantragt hatte, § 71 Abs. 1 ZPO. Eine Entscheidung hierüber hat zwar grundsätzlich durch Zwischenurteil ergehen, welches jedoch gleichwohl mit dem Endurteil verbunden werden kann (Vollkommer, in:·Zöller, ZPO, 30. Auflage 2014, § 71 Rn. 5 m. w. N.; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, 34. Auflage 2013, § 71 Rn. 5).

Hinsichtlich der formellen Voraussetzungen erfüllt der Streitbeitritt mit den Schriftsätzen vom 05.07.2016 bzw. 12.07.2016 zwar nicht die in § 71 Abs. 1 S. 2 ZPO genannten formellen Voraussetzungen, da die Nebenintervenientin in diesen nicht ihr rechtliches Interesse i. S. d. § 66 ZPO darlegt; allerdings ist anerkannt, dass etwaige formale Mängel des Streitbeitrittsschriftsatzes bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung beseitigt werden können (Dressler, in: BeckOK, ZPO, 23. Edition 2016, § 70 Rn. 5). Dies ist vorliegend durch den Vortrag der Nebenintervenientin im Schriftsatz vom 02.09.2016 geschehen. Die Nebenintervenientin hat darauf hingewiesen, dass diese auf Grund der Interventionswirkung nach §§ 74, 68 ZPO gegen den Kläger alle etwaigen Einwendungen aus dem Vertragsverhältnis verlieren würde, sofern die Beklagte mit ihrem Vortrag hinsichtlich der Überhöhung der abgerechneten Mietwagenkosten erfolgreich wäre. Dies stellt sich auch als Glaubhaftmachung eines ausreichenden rechtlichen Interesses i. S. d. § 66 ZPO dar. Das im Sinne des § 66 Abs. 1 ZPO für die Zulässigkeit des Streitbeitritts erforderliche rechtliche Interesse am Obsiegen einer Partei hat jemand dann, wenn die Stellung des Nebenintervenienten irgendwie durch ein der unterstützten Partei ungünstiges Urteil rechtlich, also gerade nicht nur rein tatsächlich oder wirtschaftlich, verschlechtert oder durch ein günstiges Urteil verbessert wird (Thomas/Putzo, ZPO, 34. Auflage 2013, § 66 Rn. 5). Der Begriff des „rechtlichen Interesses“ ist dabei weit auszulegen. Bei vorangegangener Streitverkündung genügt zwar die Tatsache der Streitverkündung als  solche nicht als Interventionsgrund nach § 66 ZPO, wohl aber - wie hier - eine drohende Interventionswirkung (Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 30. Auflage 2014, § 66 Rn, 8). Für den Fall, dass der Kläger mit seiner Klage keinen Erfolg haben sollte, hätte er ggf. einen Anspruch gegen die Nebenintervenientin auf Freihaltung von den ihm in Rechnung gestellten Mietwagenkosten. Daher ist das Interesse der Streithelferin vorliegend an einer Beteiligung des Rechtsstreits aufgrund der Interventionswirkung gegeben. Denn die Streithelferin wäre in einem dann eventuell vom Kläger angestrengten Folgeprozess mit weiteren Einwendungen nicht mehr zu hören gewesen, wäre sie diesem Rechtstreit nicht beigetreten.

II.

Die zulässige Klage ist begründet

1.    Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das erkennende Gericht sachlich gemäß §§ 23 Nr.1, 71 GVG und örtlich gemäß § 32 ZPO bzw. § 20 StVG zuständig, nachdem sich der dem Streit zugrunde liegende Verkehrsunfall vom 10.02.2016 in Salbitz ereignet hatte.

2.    Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

a.    Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 253,77 EUR aus §§ 7 Abs. 1 StVG, 823 Abs. 1, 249 Abs. 2 BGB i. V. m. § 115 Abs. 1, S. 1, Nr. 1 VVG, § 1 PflVG. Die Beklagten haften dem Kläger dem Grunde nach für alle Schäden aus dem Unfallereignis vom 10.02.2016. Dies ist auch zwischen den Beteiligten unstreitig.

aa.     Dabei ist zunächst anzumerken, dass das Gericht davon überzeugt ist, dass sich der Kläger vorliegend mit der Nebenintervenientin über die Anmietung eines Fahrzeugs am 15.02.2016 geeinigt hat. So ist zu berücksichtigen, dass der vorgelegte Kraftfahrzeug-Mietvertrag (Anlage K2) Beweis über den tatsächlichen Abschluss eines Mietvertrags erbringt. Gemäß § 416 ZPO begründen nämlich Privaturkunden, sofern sie von den Ausstellern unterschrieben sind, den vollen Beweis dafür, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben sind. Dass somit sowohl von der Nebenintervenientin als Vermieterin als auch vom Kläger als Mieter entsprechende Willenserklärungen, gerichtet auf den Abschluss eines Vertrags über die entgeltliche Gebrauchsüberlassung eines Fahrzeugs, abgegeben wurden, steht damit zur Überzeugung des Gerichts fest.

In diesem Zusammenhang überzeugt auch der Einwand der Beklagten, der Mietvertrag verstoße gegen § 1 PAngV, nicht. Denn in dem vorgelegten Mietvertrag war ein konkreter Grundmietpreis nebst Nebenkosten und gesetzlicher Mehrwertsteuer vereinbart. Da jedoch das konkrete Mietzeitende bei Anmietung noch nicht bekannt war, konnte zu diesem Zeitpunkt auch noch kein abschließender und degressiver Endpreis im Vertrag festgehalten werden. Unabhängig davon hätte auch die Unwirksamkeit der Mietverträge auf die vorliegenden Sachverhalte keinen Einfluss (OLG Dresden, Urteil vom 18. Dezember 2013 - 7 U 606/13 m. V. auf BGH, Urteil vom 16.09.2008 - VI ZR 226/07).

bb.     Aus Sicht des Gerichts kann vorliegend dahinstehen, ob bei tatsächlicher Anmietung eines Ersatzfahrzeuges (in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung zur Nutzungsausfallentschädigung) überhaupt das Bestehen eines Nutzungswillens und die (hypothetische) Nutzungsmöglichkeit Anspruchsvoraussetzungen sind, da der Kläger im Mietzeitraum jedenfalls auf einen Ersatzwagen zur Wiederherstellung bzw. Erhaltung seiner Mobilität angewiesen war und diesen auch tatsächlich genutzt. So ergibt sich auch aus der vom Kläger vorgelegten Rechnung, dass dieser insgesamt 220 km während des Mietzeitraums mit dem angemieteten Fahrzeug gefahren ist. Der Kläger ist damit durchschnittlich pro Tag ca. 44 km gefahren, womit er deutlich über dem Durchschnittswert von 20 km/täglich, der teilweise in der Rechtsprechung und Literatur bei abstrakter Betrachtungsweise als Grenze für die Erforderlichkeit der Anmietung eines Ersatzwagens angesehen wird (vgl. bspw. OLG Frankfurt, Urteil vom 17. Januar 1996 - 13 U 258/94 m. w. N.), liegt.

cc.     Das erkennende Gericht erachtet vorliegend in Anwendung des ihm nach § 287 ZPO eröffneten Ermessens die vom Kläger begehrten Mietwagenkosten in Höhe von insgesamt 546,25 netto (650,04 EUR brutto) für erstattungsfähig. Unter Berücksichtigung der bereits erfolgten Zahlung der Beklagten i. H. v. 396,27 EUR verbleibt ein Anspruch i. H. v. 253,77 EUR.

Nach § 249 Abs. 2 BGB kann der Geschädigte als erforderlichen Herstellungsaufwand den Ersatz der Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot kann der Geschädigte für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt - nicht nur für Unfallgeschädigte - erhältlichen Tarifen, grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis verlangen. Darüber hinausgehende, bei gebotener wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht erforderliche Mietwagenkosten kann der Geschädigte aus dem Blickwinkel der subjektbezogenen Schadensbetrachtung nur dann ersetzt verlangen, wenn er darlegt und erforderlichenfalls beweist, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis­ und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt kein wesentlich günstigerer (Normal-) Tarif zugänglich war (vgl. BGH, Urteil vom 18.12.2012 - VI ZR 316/12).

Im Hinblick auf die Festsetzung der Höhe des danach erstattungsfähigen Normaltarifs wird dem Tatrichter gemäß § 287 ZPO ein Ermessensspielraum zugestanden. Die Art der Schätzgrundlage ist in § 287 ZPO hingegen nicht vorgegeben. Die Schadenshöhe darf lediglich nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden. Ferner dürfen wesentliche, die Entscheidung bedingende Tatsachen nicht außer Betracht bleiben. Auch darf das Gericht in für die Streitentscheidung zentralen Fragen nicht auf nach Sachlage unerlässliche fachliche Erkenntnisse verzichten. Gleichwohl können nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in geeigneten Fällen Listen oder Tabellen bei der Schadensschätzung Verwendung finden, wobei für die Schätzung des „Normaltarifs“ grundsätzlich auch der sog. „Schwacke-Mietpreisspiegel“ auf Grundlage des gewichteten Mittels (sog. Modus) im maßgebenden Postleitzahlengebiet eine geeignete Schätzgrundlage darstellt. Dabei dienen dem Tatrichter solche Listen stets nur als Grundlage für seine Schätzung nach § 287 ZPO, weshalb er im Rahmen seines Ermessens unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls von diesen - etwa durch Abschläge oder Zuschläge auf den sich daraus ergebenden Normaltarif abweichen kann und unter Umständen sogar muss (vgl. BGH, Urteil vom 18.12.2012- VI ZR 316/11; OLG Dresden, Urteil vom 31.07.2013 - 7 U 1952/12).

(1)    Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe erachtet das Gericht vorliegend unter Berücksichtigung des „Schwacke-Mietpreisspiegels“ für das Jahr 2016 im Postleitzahlengebiet 015xx Mietwagenkosten bei Einordnung in die Mietwagenklasse 5 die Kosten für die Anmietung von 412,50 EUR für den Zeitraum vom 15.02.2016 bis 19.02.2016 für grundsätzlich erstattungsfähig.

Legt man den Moduswert der Wochenpauschale von 630,00 EUR brutto pro Woche zu Grunde, so ergeben sich bei einer Anmietung für 5 Tage grundsätzlich erstattungsfähige Kosten i. H. v. 450,00 EUR brutto. Vorliegend sind jedoch „reine“ Mietwagenkosten i. H. v. 490,88 EUR brutto angefallen. Dennoch war der Kläger vorliegend nicht gehalten, bei Anmietung des Ersatzfahrzeuges weitere Erkundigungen zu etwaigen günstigeren Tarifen einzuholen. Denn ein derartiges Erfordernis besteht regelmäßig erst dann, wenn sich dem Geschädigten aufgrund eines erheblichen oder aber auffällig hohen Abweichens von den Preisen im „Schwacke-Mietpreisspiegel“ Bedenken gegen die Angemessenheit des ihm angebotenen Tarifs hätten aufdrängen müssen (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 31.07.2013 - 7 U 1952/12 m. w. N.; OLG Dresden, Schlussurteil vom 18.12.2013 - 7 U 606/13). Hier überschreiten die „reinen“ Mietwagenkosten den nach dem Mietpreisspiegel maßgeblichen Moduswert von 450,00 EUR jedoch nur um gut 9 %, sodass von einem Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot nicht ausgegangen werden kann (LG Leipzig, Urteil vom 18.12.2014 - 5 S 245/14).

(2)    Der Heranziehung des „Schwacke-Mietpreisspiegels“ als Schätzgrundlage und damit der Erstattungsfähigkeit der Mietwagenkosten im vorgenannten Umfang kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass der Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2015 des Fraunhofer Instituts vorzugswürdig sei bzw. der Kläger ein Ersatzfahrzeug zu deutlich günstigeren Tarifen hätte anmieten können.

Die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, bedarf nämlich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. BGH, Urteil vom 22.02.2011 - VI ZR 353/09; Urteil vom 18.05.2010 - VI ZR 293/08 = NJW-RR 2010 ff.) nur dann der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfang auswirken. Die Anwendung von Listen begegnet also nur dann Bedenken, wenn die Parteien deutlich günstigere oder ungünstigere Angebote anderer Anbieter für den konkreten Zeitraum am Ort der Anmietung aufzeigen (vgl. BGH, Urteil vom 18.12.2012 - VI ZR 316/11 m. w. N.).

Derartige Mängel haben die Beklagten indes nicht aufgezeigt, insbesondere lassen sich aus den als Anlage B1 - B3 vorgelegten Alternativangeboten aus dem Internet, die deutlich niedrigere Preise als der „Schwacke-Mietpreisspiegel“ aufweisen, keine konkreten Tatsachen ableiten, die die Erhebungen im „Schwacke-Mietpreisspiegel“ zu erschüttern vermögen (so im Ergebnis auch OLG Dresden, Urteil vom 31.07.2013 - 7 U 1952/12; Urteil vom 18.12.2013 - 7 U 606/13; OLG Köln, Urteil vom 26.02.2013 - 3 U 141/12; LG Leipzig, Urteil vom 12.07.2013 - S 690/12).

Insofern ist nämlich zunächst zu berücksichtigen, dass das Internetangebot von Mietwagen einen Sondermarkt darstellt, der nicht ohne weiteres für jeden zugänglich und mit dem allgemeinen regionalen Mietwagenmarkt vergleichbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 02.02.2010 - VI ZR 7/09; OLG Karlsruhe, Urteil vom 16.12.2011 - 4 U 106/11). Dies gilt insbesondere auch deshalb, da - so gerichtsbekannt - regelmäßig zahlreiche Sondervereinbarungen und Einschränkungen (Altersbeschränkungen, Zusatzfahrer, Mindestführerscheininhaberschaft, Vorauszahlung durch Kreditkarte oder Hinterlegung einer Kaution, km-Freigrenze etc.) in den Mietbedingungen der jeweiligen Anbieter enthalten sind.

Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die vorgelegten Angebote gerade nicht auf den konkreten Anmietzeitpunkt, sondern auf einen weit danach liegenden Zeitraum (09.08.2016 - 13.08.2016) Bezug nehmen. Zugleich betreffen die als vorgelegten Internetangebote teilweise ein anderes Referenzgebiet (Anlage B3 - Dresden West) und spiegeln mithin zumindest teilweise nicht die örtlichen Gegebenheiten der Stadt Riesa wider. Schließlich sieht das von der Beklagten vorgelegte Angebot des Mietwagenunternehmens Avis (Anlage B2) eine Selbstbeteiligung bei Unfallschäden i. H. v. 950,00 EUR vor, wohingegen im vorliegenden Fall nur eine Selbstbeteiligung i. H. v. 150,00 EUR vereinbart war.

Es handelt sich bei den vorgelegten Angeboten lediglich um einen pauschalen Abruf bei überregionalen Mietwagenanbietern. Nach Auffassung des Gerichts sind Internetangebote nicht zur Bestimmung des Normaltarifs geeignet, da sie kontingentabhängig und dadurch stark schwankend sind. Ob der Abschluss eines Mietvertrages zu den ausgewiesenen Konditionen tatsächlich zustande gekommen wäre, bleibt offen. Sie vermögen daher aus Sicht des Gerichts nicht die Schätzungen auf Grundlage des „Schwacke-Mietpreisspiegels“ zu erschüttern (so auch LG Leipzig, Urteil vom 18. Dezember 2014 - 05 S 245/14, 5 S 245/14 m. V. auf OLG Dresden, Urteil vom 31.07.2013 - 7 U 1952/12).

(3)    Im Wege des Vorteilsausgleichs hat sich der Kläger jedoch einen Abzug i. H. v. 10 % der Nettomietwagenkosten für ersparte Aufwendungen anrechnen zu lassen, weil er als Vorteilsausgleich kein Fahrzeug einer niedrigeren Mietwagenklasse angemietet hatte (LG Stuttgart, Urteil vom 04.06.2014 - 13 S 205/13).

(4)    Der Kläger hat zudem auch einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die während der Anmietzeit  in Anspruch genommene Vollkaskoversicherung mit einer Selbstbeteiligung i. H. v. 150,00 EUR. In dem vom Kläger vorgelegten Mietvertrag vom 15.02.2016 ist wirksam eine Haftungsbefreiung vereinbart, welche dem Geschädigten einen Haftungsbefreiungsanspruch verschafft hat. Auch die Rechnung weist einen entsprechenden Posten („Haftungsreduzierung“) auf. Unerheblich ist dabei, ob das verunfallte Fahrzeug des Geschädigten in gleicher Weise versichert war. Denn der durch einen Unfall Geschädigte ist während der Mietzeit einem erhöhten wirtschaftlichem Risiko ausgesetzt (BGH, Urteil vom 12.02.2005 - VI ZR 74/04). Er hat regelmäßig ein schutzwürdiges Interesse daran, für die Kosten einer eventuellen Beschädigung des Mietfahrzeugs nicht selbst aufkommen zu müssen, zumal Mietwagen in der Regel neuer und damit höherwertiger sind als die beschädigten Fahrzeuge (OLG Köln, Urteil vom 18.03.2008 - 15 U 145/07). Mehrkosten zur Erlangung eines derartigen Versicherungsschutzes sind deshalb bei der Bestimmung des Normaltarifes zu berücksichtigen, sofern nach dem tatsächlich geschlossenen Mietvertrag ein entsprechender Versicherungsschutz vereinbart worden ist (LG Hannover, Urteil vom 05.10.2015 – 2 O 347/14). Dass dies der Fall ist, lässt sich den dargelegten Umständen entnehmen.

(5)    Erstattungsfähig sind zudem auch die Zusatzkosten für die Ausstattung des Mietwagens mit Winterreifen i. H. v. 8,00 EUR netto pro Tag bzw. 9,52 EUR brutto pro Tag. Diese liegen ebenfalls unter dem nach dem Schwacke-Automietpreisspiegel maßgeblichen Moduswert von 10,00 EUR brutto pro Tag. Das Gericht teilt dabei auch nicht die Rechtsauffassung der Beklagten, dass die Kosten für die Winterbereifung deswegen nicht zu ersetzen seien, weil es bereits eine vertragliche Pflicht des Vermieters sei, die Mietsache in einem zum bestimmungsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen. Dies mag zwar zutreffend sein, allerdings ist der Vermieter in seiner Entscheidung, welchen Mietzins er für die Bereitstellung einer solchen Mietsache verlangt, gerade frei. Sofern ein Mietwagenunternehmen für die Inanspruchnahme eines Fahrzeugs mit Winterreifen einen höheren Mietzins verlangt, stellen sich die anteiligen Kosten in jedem Fall als erforderlich i. S. d. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB dar.

Die Ausrüstung eines Mietwagens mit Winterreifen in der Winterzeit ist auch keine Selbstverständlichkeit, die mit dem Normaltarif abgegolten ist. Daher weist die dem „Schwacke-Automietpreisspiegel“ zugrunde liegende Erhebung bei unzähligen Autovermietern Winterreifen als gesondert zu vergütende Zusatzleistung aus.

(5)     Schließlich sind auch die abgerechneten Kosten für die Zustellung und Abholung von 60,00 EUR zzgl. Mehrwertsteuer aus Sicht des Gerichts erstattungsfähig. Dass eine Zustellung und Abholung tatsächlich erfolgt ist, wurde von der Beklagten nicht bestritten. Nach zutreffender Auffassung können Zustell- und Abholkosten als zurechenbar und schadensadäquat erstattungsfähig sein (Landgericht Leipzig, Urteil vom 29.08.2011 - 06 S 150/11). Insofern ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger seinen Wohnsitz nicht in Riesa, sondern im ca. 18 km davon entfernten Salbitz hat. Vor diesem Hintergrund ist es lebensnah, dass sich der Kläger den Mietwagen zur Wiederherstellung seiner Mobilität von der Autovermietung an seinen Wohnsitz zustellen ließ und dass dieser nach Abschluss der Reparatur von dort auch wieder abgeholt wurde (so auch OLG Köln, Urteil vom 10.07.2012 - 15 U 204/11. Der Höhe nach kann der Kläger die Kosten für Zustellung und Abholung in der Höhe beanspruchen, wie diese in die Rechnung der Nebenintervenientin eingestellt wurden. Eine Schätzung der Höhe ist hier nicht erforderlich, da die Rechnungen der Höhe nach zu diesem Punkt nicht bestritten sind. Bestritten wurde von der Beklagten lediglich die Erforderlichkeit der Zustellung und Abholung des Ersatzwagens, nicht jedoch die Angemessenheit der dafür anfallenden Kosten.

dd.     Es ergibt sich nach alledem die folgende Berechnung:


412,50 EUR Anmietung Skoda Rapid
-           41,25 EUR Eigenersparnis
+          75,00 EUR Zusatzkosten Haftungsreduzierung
+          40,00 EUR Zusatzkosten Winterreifen
+          60,00 EUR Zustellungs- und Abholkosten
=        546,25 EUR Zwischensumme
+        103,79 EUR Mehrwertsteuer 19 %
=        650,04 EUR Zwischensumme
-         396,27 EUR bereits gezahlt
=        253,11 EUR Rest


Der Kläger hat daher insgesamt einen Anspruch i. H. v. 253,77 EUR.

ee.     Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass dem Kläger bis zu dessen tatsächlicher Zahlung der Mietwagenkosten grundsätzlich nur ein Freistellungs- und noch kein Zahlungsanspruch zusteht, da die Beklagte sich ernsthaft geweigert hat, den weiteren Anspruch des Klägers zu erfüllen. Die ernsthafte Weigerung kann nämlich auch in einem entsprechenden prozessualen Verhalten liegen, beispielweise in der Stellung des Klageabweisungsantrags (OLG München, Beschluss vom 12.03.2015 - 10 U 579/15 m. w. N.).

4.     Der Zinsanspruch folgt dabei aus §§ 280, 286, 288 BGB. Mit der Erstattung der weiteren Mietwagenkosten geriet die Beklagte gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB ab dem 22.03.2016 in Verzug, nachdem diese am 22.03.2016 die Regulierung weiterer Mietwagenkosten ernsthaft und endgültig verweigert hat. Für den Zinsbeginn ist somit der Folgetag maßgeblich, § 187 Abs. 1 BGB analog (vgl. Ellenberger, in: Palandt, BGB, 73. Auflage 2014, § 187 BGB, Rn. 1 m. w. N.).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.